Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 22. November 1942
O.-U. den 22. Nov. 42
Mein liebes Mütterlein!
Recht herzlich danke ich Dir für Deinen lieben und ausführlichen Brief vom 18. d. M., den ich schon heute erhielt. Ich habe mich über Deine lieben Zeilen sehr gefreut, besonders weil es Dir gut geht, weil Du gesund bist, und weil Ihr daheim jetzt nachts doch wieder mehr Ruhe habt. Wie ich höre und sehe, denkst auch Du an Weihnachten, an das schöne deutsche Familienfest, an die Tage, die wir uns zu Hause immer so schön gemacht haben. Leider muß ich Deine Frage ob ich am Fest in Urlaub komme, verneinen, in diesem Jahr muß ich hier bleiben, bin aber auch so zufrieden. Gestern war ich beim Christkind, mit Freude und Muße habe ich für das Mütterlein etwas bestellt, das Dir hoffentlich gefällt und Freude macht. Was mich in Erstaunen setzt ist, daß Du meine Päckchen, 2 mit Fisch und eines mit Skiklamotten, noch nicht bekommen hast, ich hoffe, daß sie nicht verloren gegangen sind. Ich bitte Dich um eines, schicke Du mir nichts, denn ich weiß Du kannst es nicht, leg‘ Dich nicht krumm und spare Dir nichts ab. Ich bin kein Kind mehr und weiß auch so, daß Du mich nicht vergißt und mir jede Freude machen würdest, die Du nur könntest. Diesmal steht es nicht in Deinem Vermögen, mach‘ Dir darum keinen Kummer.
Ich hätte eine Bitte, kannst Du mir 50,00 Rm. schicken, ich möchte noch etwas Schönes kaufen, mein Sold geht im Kasino, zum größten Teil für Zukost, die wirklich gut ist, drauf. Es ist Alles, aber auch Alles, riesig teuer. Verlass‘ Dich drauf, ich bin so sparsam wie möglich. Zu einer langen Hose bin ich immer
noch nicht gekommen, einen Bezugsschein habe ich dafür. Bezugsscheine für ein Paar Stiefel, einen Regenumhang habe ich ebenfalls noch nicht verwerten können, dann will ich mir noch eine Mütze, 1 Reitstock und vor allen Dingen Wäsche u. Socken zulegen. Wir bekommen hier eine Kleiderkarte mit 60 Punkten.
Gesundheitlich geht es mir gut, Obst esse ich in rauhen Mengen, Trauben u. Birnen gibt es, leider kann man nichts verschicken. Ich fange in dieser Woche an, meine Weihnachtsgaben, kleine, nette Sachen, zu verschicken. Wenn es meine Börse erlaubt, denke ich auch an die Kleinen von Heinrich und an den kleinen Fritz.
Der Sonntag war wieder ruhig. Nach einem netten Wochenendabend mit Spanferkel und franz. Rotspon und Eiercognac mußte ich heute früh aufstehen, denn ich hatte zu arbeiten.
Wie es mit dem Mehl wird werde ich in den nächsten Tagen klären. Ich schreibe bald wieder.
Gruß und Kuß
Dein Junge.