Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 25. November 1942
Köln-Dellbrück, 25. Nov. 42.
Mein Lieber!
Schnell will ich mich für 2 liebe Päckchen bedanken, die ich erhielt. Im größeren davon waren: ein Aufnehmer, 1 Skibluse, (übrigens ein sehr schönes Stück), ein Paar Skisocken + 1 Paar Handschuhe. Das Zweite enthielt 2 Schachteln Sprotten, es war Zeit, daß sie gegessen wurden. Ich habe T. Stina welche mitgegeben. Sie schmeckten sehr gut, und ich danke Dir herzlich dafür. Bist Du noch da, oder seid Ihr schon weitergezogen? Paul Kirchhof, der bis jetzt in Bergen war, (schon 2 Jahre), hatte jetzt vom Transport aus Tilsit geschrieben! – Das Wetter ist jetzt schön, noch mild. Gottlob, wenn wir nicht so einen harten Winter bekommen. –
Ich habe mich jetzt auch beruhigt. Die Nachricht von der Ablehnung des Gesuches hatte mich doch aufgeregt. Ich konnte nicht schlafen, ich war
nichts wert. Daran merkt man, daß mal alt wird. Das Nähere erfuhr ich ja aus den Briefen in den Päckchen. Alle Gedanken, alle Sorgen, alles Für + Wider hat keinen Zweck. Die Verhältnisse sind stärker als wir. Wir müssen eben alles vom Grund aus durchkämpfen + aufbauen, was man dem Andern mal leichter in den Schoß fällt! Ich fürchte nur, daß Du nachher alles vergessen hast, was Du gelernt hast + Dir das Studium dann schwerer wird. Aber bei Gelegenheit würde ich wieder mal ein Gesuch machen + gerade auf das Alter hinweisen. Aktiver Offizier ist nichts, wo Du kein Vermögen hast! Auch dazu bist Du zu alt, wo junge Dachse mit 20 Jahren Offiziere sind. Vielleicht kommt noch mal eine neue Verfügung! Es ist für uns schwer, aber nicht zu ändern. Nun schließe ich, morgen schreibe ich weiter. Ich habe viel Arbeit, 20 Dtzd Krawatten + ich muß noch backen. Hanni kommt mir helfen.
Sei aufs herzlichste gegrüßt + geküsst in alter Liebe
Mutter.