Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 1. Januar 1943
O.-U. den 1.1.1943
Mein liebes Mütterlein!
Zum Jahreswechsel sendet Dir Dein großer Junge die allerherzlichsten Glück und Segenswünsche. Ich bitte den Herrgott in seiner Güte uns so zu führen und zu erhalten, wie er es im Jahre 1942 uns geschenkt hat. Wir können ihm für seine gütigen, gnädigen und kostbaren Geschenke nicht genug danken. Er erhielt uns gesund, Speise und Trank hatten wir ständig, unser Heim ist von den Zerstörungen des Krieges verschont geblieben, er schenkte uns meinen Urlaub, in dem ich Dich gesund und froh wiedersah. All‘ dies wollen wir nicht vergessen, wir wollen dankbar sein und zufrieden, wenn man auch manchmal meint dem Nebenmann ginge es besser. Es hat jedermann sein Kreuzlein, und gut ist es so. Voll Zuversicht und mit guter und wohl auch berechtigter Hoffnung sehen wir darum auf das neue, das kommende Jahr.
Die Feiertage sind nun langsam zu Ende gegangen. Übermorgen ist wieder Sonntag und dann geht es wieder mit Frische an die Arbeit. Wir stehen kurz vor der Einzelbesichtigung, Arbeit macht‘ dies in Hülle und Fülle. Ich schrieb‘ Dir ja schon, daß ich wieder einmal für einige Monate Chef spielen muß. Obltn. Hermsdorf ist in Urlaub und geht anschließend zum Kursus nach Halle. Wir haben in den letzten Tagen gut gelebt, ich glaube fast ich habe zugenommen. Schöne Stunden gab es, leider waren bösen Stunden, mit Ärger und Verdruß, in der Überzahl. Es ist eben schwierig eine so junge Truppe, mit älteren Leuten, in provisorischen Unterkünften zu führen. Aber schaffen werde ich es, es biegt oder bricht. Morgen muß ich z. B. den Spieß
bestrafen, und anschließend wird er abgelöst. Das sind so meine augenblicklichen Sorgen. Sie sind so ganz anderer Art als die im Zivilleben. Man trägt doch neben der Freude für viele sorgen zu dürfen eine gute Portion Verantwortung. – Ich habe nun ausschließlich von mir erzählt, jetzt will ich Dich fragen, wie es Dir geht, was Du treibst, wie Du die Feiertage verbracht hast? Hat es mit den Zähnen geklappt? Ist Dein Festbesuch zufrieden abgerückt? Haben Dich die anderen auch bedacht? – Von Siv hörte ich überhaupt noch nichts, Gerd hat lange nicht geschrieben, ich muß mal wieder schreiben. Der Weg ist für die Feldpost ja auch reichling lang! Dort oben liegt nun Schnee, hier regnet es fast täglich und heftige Winterstürme gehen ungehindert über das Land. So hart und kalt wie im vergangenen Jahr wird der Winter allem Anschein nach nicht. Die Kameraden im Osten werden das besonders begrüßen. – Der Tagesbefehl des Führers ist hart und ernst aber voller Siegeszuversicht, und die Berichte von Kameraden die aus dem Osten kommen geben uns das Recht auf Optimismus. –
Was gibt es neues in der Familie, in Dellbrück? Ich warte schon seit Tagen auf Post, sie kommt schlecht ran. Hoffentlich bekomme ich heute Abend ein Brieflein!
Nun will ich für heute schließen und Dir nochmals Alles erdenklich Gute für das Jahr 1943 wünschen.
Mit festem Kuß und „Post Neujahr“
grüßt Dich
Dein Junge.