Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 6. Januar 1943
Köln-Dellbrück, 6. Jan. 1943
Mein guter, lieber Junge!
Nun ist auch dieser Feiertag zu Ende, der leider äußerlich garnicht mehr gefeiert wird. Es war wunderbares Wetter, heute früh herrlicher Rauhreif, mittags schönster Sonnenschein, abends glutroter Sonnenuntergang. Auf den Feldern + Wiesen liegt noch Schnee. Es war heute der kälteste Tag bis jetzt in diesem Winter, es scheint, daß das Wetter kalt + klar bleibt. Heute Mittag bin ich ½ Stündchen raus gewesen, mal durch die Wiesenstraße zu Tante Marie gelaufen. Ist dort bei Euch auch der Winter eingekehrt. So schön wie in Norge wird’s wohl nicht sein. Du bist ja jetzt im Lande der Schlittschuhe. Wie geht es Dir? Vor allem gesundheitlich? Was machen die Nierenschmerzen? Und das andere? Und die Arbeit? Ich mußte heute so viel an Dich denken. Es ist mir noch ungewohnt, die Stille im Hause, nachdem mein Besuch fort ist. Oma bedankte sich so, es hat ihr wohl
gut gefallen bei mir. Joh. ist noch in Dresden. So hat Oma viele Arbeit mit den beiden Kleinen. – Klein Fritzchen ist auch wieder krank. Er hat einen fürchterlichen Husten. Der arme, kleine Kerl ist auch zu empfindlich! –
Morgen früh so Gott will fahre ich abliefern. Wir haben noch viel zu tun. Alles für die Wehrmacht! – Hast Du inzwischen alle meine Briefe bekommen? Ich denke jetzt geht die Post besser nach den Feiertagen. Ja nun tritt der Alltag wieder sein Recht an. Wie schnell doch alles vergeht! Man plagt sich so mit den Vorbereitungen, und so schnell sind die Tage vorbei. Ostern ist in diesem Jahr sehr spät! Wie mag es dann sein? Dann bist Du sicher nicht mehr dort?
Für heute mache ich Schluß! Alles Gute mein Junge + herzlichen Gruß + Kuß
Deine Mutter.