Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 10. Januar 1943
O.-U. den 10.1.1943
Mein liebes Mütterlein!
Einen allerherzlichsten Sonntagsgruß sendet Dir Dein großer, treuer Junge aus dem fernen, weiten Land. Es ist heute ein klarer, herrlicher Wintersonnentag gewesen, nur der Wind ist hier schrecklich, eine frische Brise, die jetzt bei der Kälte von -7 – -8° C sehr unangenehm spürbar ist, geht ständig. Und trotzdem war um die Mittagsstunde Alt und Jung unterwegs, Alt und Jung vergnügte sich beim Schlittschuhlauf, den Alle meisterhaft zeigen. Ich habe heute arbeite müssen, damit ich in der kommenden Woche mehr Freiheit für den Außendienst habe. Du kennst mich ja, Arbeit freut mich, und so bin ich denn munter und fidel und freue mich der Arbeit und meiner Gesundheit. Du brauchst Dich nicht zu sorgen, ich habe keinerlei Beschwerden mehr, (das war wohl nur eine kleine Erkältung) und der Bandwurm ist perdu. Den Abend werde ich mir nun gemütlich machen.
Nach dem Essen werde ich mich frühzeitig in die Klappe legen und noch in dem schönen Buch von Falkberget lesen. Vielleicht beantworte ich auch einen oder mehrere Briefe, wie den von G. Beitz, Frl. Schieffer vom Lazarett, Hilgers, den Kameraden der alten Batterie. Wochentags komme ich nicht zum Briefeschreiben.
Wie geht es nun dem Mütterlein? Ich hoffe Du bist gesund und hast Dich allmählich an Deine Neuen gewöhnt. Fein und jung mußt Du nun ja aussehen. Vor mir steht Dein Bild für welches ich immer wieder danken muß. Übrigens scheinst Du nicht alle meine Briefe bekommen zu haben, denn ich bedankte mich selbstverständlich sofort für die Übersendung der 50 Rm. Sicher hast Du Arbeit und Mühe mit Frau Ermert! Die soll nun aber Deine Gutmütigkeit nicht ausnützen! Wir klappt es mit Jansens? – Wenn ich vom Essen zurück bin, plaudere ich weiter und werde Dir noch etwas von der Sylvesterfeier erzählen, wie Du es gewünscht hast. – Das Abendessen hat geschmeckt, nachher saßen wir doch noch (wie üblich) länger zusammen. Gleich ist es Mitternacht, Du wirst schon schlafen, ich wünsche es jedenfalls
und wünsche weiter eine ruhige Nacht ohne Luftschutzkeller usw.
- Wie ich Sylvester verbrachte? – Bis 12.30 war ich bei der Batterie. Von Weihnachten hatte ich noch etwas Gebäck aufgespart, jeder bekam eine Schachtel von Butterplätzchen, wir hatten Grog gebraut, 35 l Rum standen zur Verfügung! Verschiedene Kameraden, darunter der Bürgermeister von Pasewalk, hatten für ein nettes Programm mit ernstem und heiterem Teil gesorgt. Es war eine Feier wie sie sein soll. Anschließend bin ich dann noch in’s Kasino gegangen wo Glühwein serviert wurde. Dort wurde es dann allerdings später. Unser Offzkorps ist ein netter, kameradschaftlicher und gemütlicher Kreis. Die Herren sind in der Mehrzahl aus der Frankfurter Gegend. –
Und nun geht’s hinein in eine neue Arbeitswoche! Ich wünsche Dir Gesundheit, Glück und Erfolg.
In Treue grüßt und küßt Dich
Dein großer Junge.