Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 20. Januar 1943
Köln-Dellbrück, 20.1.43
Mein lieber Junge!
Einen lieben Gruß aus der Heimat will ich Dir senden. Bist Du gesund + wohlauf. Wir haben ja wirklich Wetter, als wenn es März + bald Frühling wäre. Ich bin auch wieder auf dem Damm. Ich hatte mich bei Fr. Ermert, die eine Mandelgeschichte hatte, angesteckt, auch die Putzfrau. Fr. E. mußte mal wieder den Arzt haben, 10 Tage war sie im Krankenhaus, hat sich alles untersuchen lassen. Es wäre nichts Schlimmes, sie soll mal 4 Wochen raus. Das sind auch Menschen, die die Zeit noch nicht erfaßt haben. Gott + alle Menschen belästigen sie mit ihren viel eingebildeten Leiden. Dr. Berhausen hat sie auch durchschaut. Nein, wenn ich nur und nur an meinen Körper denken soll, das ist doch auch kein Leben. Immer dasselbe, ob Weihnachten, ob Ostern, daraus machen sie sich nichts. Noch nicht ein Tannenzweiglein im Hause, viel weniger
ein bunter Teller oder sonst etwas. So hohl + leer sind sie innerlich. Nur nach außen Tünche, (Kleider, Schmuck u.s.w. – Ich muß manchmal an mich halten. Mit der größten Liebenswürdigkeit verlangen sie alles Mögliche. Na Schluß davon. –
Ich habe noch immer ziemlich Arbeit. Meine Zähne befriedigen mich, ich bin schon daran gewöhnt! Ich sehe etwas fremd aus, wie alle sagen. Ich bin so froh, daß es soweit ist. Nur das viele Geld! – Nun haben die Engländer auch Berlin besucht. Wir hatten 3 Tage Ruhe. Sonst ist hier alles beim Alten. Karl-Heinz P. geht fleißig mit seiner Braut spazieren. Er sieht schlecht aus. In Rußland geht es hart her. Die armen Jungen da. Was macht Deine Arbeit? Ich freue mich jetzt schon auf Deinen Urlaub! Dann machen wir es schön. Bist Du auch froh? Wir zwei verstehen uns doch am allerbesten. Ist es nicht so? Und hoffentlich bekommst Du auch eine gute Frau, die Dir das Leben schön gestaltet, soviel sie kann. Ich denke soviel an Dich + Deine Zukunft. Tun kann ich ja garnichts für Dich, leider ist die Zeit
vorbei. Vertrauen wir auf Gott! Herzliche Grüße + einen Kuß
Deine alte Mutter.