Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 6. Februar 1943
Köln-Dellbrück, 6.2.43
Mein lieber Rudolf!
Seit acht Tagen hörte ich nichts von Dir! An + für sich ist das nicht schlimm, aber jetzt grade macht man sich doch mehr Sorge, man weiß nicht, ob Ihr plötzlich versetzt werdet. Ich hoffe ja, morgen, am Sonntag, etwas zu hören. Was sagst Du zu Stalingrad? Man ist ganz erschüttert. Alle Welt spricht nur noch davon. So etwas hat die Welt noch nicht gesehen. Überhaupt wie jetzt der Kampf im Osten entbrannt ist, das ist fast übermenschlich! Wir wollen beten, damit das harte Ringen dort zu einem baldigen, guten Ende geführt wird. Gott sei mit unsern Soldaten. Die armen Mütter + Frauen, die in Stalingrad ihre Lieben verloren, unter welch‘ schrecklichen Umständen sind sie zu Tode
gekommen. Das kann und darf nicht umsonst gewesen sein. Nun kommen hier in der Heimat allerlei verschärfte Maßnahmen. Wir wollen gern alles ertragen, wenn es zum Siege hilft. Vergiß Du auch das Beten nicht, nur das hält uns hoch, in Gottes Hand liegt unser Los. – Besonders kann ich Dir von hier nicht berichten, alles ist in Ordnung in unserer Familie. Heute Abend ist furchtbares Wetter, Sturm + Regen. Hoffentlich kommt der Engländer nicht. Der versucht jetzt auch alles, um uns hier mürbe zu machen. Ob es unter diesen Umständen mit Deinem Urlaub etwas wird, ist wohl fraglich? Augenblicklich ist Päckchensperre, so daß ich Dir nicht schicken kann.
Leb‘ wohl, mein lieber Junge, alles Gute + herzlichen Gruß + Kuß
Deine
Dich l. Mutter.