Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 3. März 1943
O.-U. den 3.3.1943
Mein liebes Mütterlein!
Wieder ist es Abend geworden, im Stützpunkt herrscht Ruhe, ich finde nun nach einem arbeitsreichen Tag Ruhe und Zeit Dir, liebes Mütterlein, einige Zeilen zu schreiben. Ich bin wohlauf und freue mich meiner neuen Tätigkeit. Ich sitze im Augenblick allein im Bunker, den anderen Offz. der Einheit habe ich zum Offz.-Unterricht geschickt. Heute ist es seit längerer Zeit wieder einmal frischer geworden. Ungehindert geht der Nordwind übers Land. Hoffentlich nehmen die ersten Frühlingsboten, Schneeglöckchen und Crokus keinen Schaden. Wir hatten in den letzten Tagen herrliches Wetter, jeden Tag Sonnenschein. Man atmete ordentlich auf! Leider haben Euch in der Heimat die klaren Nächte die nächtlichen und folgenschweren Angriffe der Tommys gebracht. Wie sieht es zu Hause aus, bist Du noch heil und gesund? Wieder einmal warte ich sehnsüchtig auf einige Zeilen, auf ein Lebenszeichen von Dir. Na, wenn Alles klappt, komme ich ja in diesem Monat nach Köln. Ich freue mich ganz riesig auf unser Wiedersehen!
Ich habe neben der laufenden Ausbildungsarbeit jetzt besonders Arbeit durch einige Neubauten und durch die Geschäfte der Ortskommandantur. Mein Chef ließ mich ungern zur neuen Einheit ziehen. Heute klagte er mächtig, als ich ihn im Vorbeifahren kurz besuchte. Es freut einen doch, wenn man nach dem Abschied sieht, daß die Arbeit geschätzt wird.
Die Kameraden aus Norge schlagen sich sehr tapfer. In einem Armeebefehl wurden sie lobend erwähnt. Der Rgt’s. Kommandeur ist zum Obersten befördert worden. Einige Battr. Chefs, Oberleutnante, sind Hauptleute geworden. Hptm. Thoma, mein alter Chef, hat das E.K. erhalten und ist zur Sturmartillerie versetzt worden. Von den ersten Gefallenen schrieb ich Dir ja schon!
Aus Norge selbst höre ich garnichts. Ich glaube, die Briefe kommen nicht durch. Ich selbst habe fast regelmäßig geschrieben. Schade, ich wüßte gerne, wie es den Lieben in Hallingdal geht. Was mag Siv machen? Ich habe mir schon einmal gedacht, daß sie jetzt nach Deutschland kommt, wie sie es schon immer wollte. Die meldet sich bestimmt zum Arbeitseinsatz der Norweger. Die Frage ist nur ob die Dienststelle sie freigibt.
Heinrich schrieb‘ mir vergangene Woche. Er sieht jetzt pessimistisch, er glaubt nur noch wenig an die Wiederherstellung seines Beines, trotzdem schaut er mutig in die Zukunft. Was machen seine beiden Ströppe? Wie geht es Oma, Elli und Johanna? Willi ist in Antwerpen, da ist er ja sozusagen mein Nachbar! Onkel Willi hat sich also über die Briefmarken gefreut? Ich muß mal sehen, ob ich noch andere mitbringe. Ich lese fleißig und will heute noch mal mit dem Studium im Anatomischen Atlas beginnen, ich bin bis heute noch nicht dazu gekommen. Wie mag die Friedensarbeit einmal aussehen, wird das schön werden. Morgen werde ich auch einmal nach Bornheim bzw. Vater schreiben, damit ich mich bei der Kölner Uni einschreiben lassen kann.
Ich wünsche Dir alles Gute und grüße Dich mit treuem Kuß.
Dein großer Junge.