Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 11. März 1943

Köln-Dellbrück, 11. März 43

Mein lieber Rudolf!

Verzeih, daß ich heute erst schreibe, ich wollte es gestern tun, aber, die Karte, die Du inzwischen wohl erhalten hast, gibt Dir Auskunft, wo ich gestern war. Fr. Plantz hatte mich eingeladen, um 10 Uhr an der Elektrischen zu sein. Erst wollte ich nicht gehen, aber da das Wetter so schön war, bin ich im letzten Augenblick noch gelaufen. Ich habe es nicht bereut, es war ein sehr schöner Tag. Richard war der Gastgeber. Ich muß sagen, Frl. Balensiefen hat mir sehr gut gefallen. Sie ist einfach, aufgeschlossen + eine frohe Natur. Auch äußerlich hat Richard einen guten Geschmack bewiesen. Alles in allem, solch‘ eine Schwiegertochter gefiele mir schon. Auch Richard hat sich geändert. Er redet nicht mehr in so großen Tönen. Na, ich werde Dir noch davon erzählen. Abend’s um 7 Uhr war ich wieder hier. Nun muß ich heute fleißig sein, um meine Arbeit fertig zu machen. Aber es ist gut, wenn man wieder mal junge Menschen um sich hat! – Nun zu Dir. Daß Du gesund + frohgemut bist, freut mich mein Junge. Langsam zähle ich auch die Tage bis zu Deinem Urlaub. Hoffentlich werden wir Beide nicht enttäuscht! Heute lese ich gerade, daß die „Arno Breker“ Ausstellung bis zum 31. März verlängert ist. Da können wir vielleicht zusammen hingehn! Andernfalls besorge ich Dir einen Katalog. Ich wäre schon hingegangen, aber durch die Tagesalarme habe ich mich zurückhalten lassen. Ich fahre

schon immer morgens um 8 Uhr zum Geschäft, dann bin ich um 10 Uhr zurück, denn in der Stadt halte ich mich nicht auf. Zu sehen gibt es nichts an Schaufenstern. Auch fahre ich mit der „T“, da die „G“ nur bis Hängebrücke fährt, es ist nur Fußgängerverkehr über die Brücke. Mein Koffer ist immer so schwer, da ist es mir so bequemer. Du bist also immer noch einsam + sehr beschäftigt. Nett, daß Hptm. Thoma noch an Dich denkt.

Oma, T. Finchen + Liesel sind nun auch zurück. Heinrich hatte noch immer Fieber, ich glaube, er leidet sehr unter Heimweh, der arme Kerl. Er freut sich nun auf Deinen Besuch! Er hofft im Herbst der Heimat näher zu kommen. – Jansens fangen langsam im Garten an, es ist ja viel, was sie können. Fr. J. ist jetzt häufig krank, auch jetzt war sie acht Tage zu Hause. Ich komme jetzt gut mit ihnen aus. T. Stina ist froh, daß Fritzchen wieder weg ist, es ist ihr doch zu schwer. Der kleine Mann ist auch ein Taugenichts, er stellt alles auf den Kopf! Sonst ist alles beim Alten hier. Die Engländer zerstören aber jetzt unsere schönsten Städte am laufenden Band. Es ist traurig, sie haben jetzt hier die Luftherrschaft. Auch eben war Alarm. Und nun Rudolf jetzt Schluß. Ich hoffe nun bald zu hören, wann Du kommst!

Bis dahin viele liebe Grüße + einen festen Kuß
Deine
Dich l. Mutter.