Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 6. April 1943
Köln-Dellbrück, 6. April 43
Mein lieber, guter Junge!
Nun ist schon der 7. April, gestern, gerade als ich schreiben wollte, kam Fr. Plantz. Und am Abend war solch‘ ein Sturm, wenn nicht zu sagen Orkan, daß es mir zu unheimlich wurde, und ich mich ins Bett legte. Auch heute ist es noch rauh‘ und kalt. Hagelschauern + Schneegestöber, Donner + Blitz, das rechte Judaswetter. – Deinen lieben Brief vom 4.4. erhielt ich gestern und ich danke Dir recht herzlich für Deine lieben Worte. – Also Du bist wieder in der Arbeit drin. Auch ich habe genug zu tun. Ich nähe Hosen. Ich hatte einen schönen + ruhigen Sonntag verlebt; des Morgens, nachdem ich zur Kirche war, habe ich gekocht, dann bin ich früh allein nach Gladbach gefahren, habe mir dort einen schönen Film angesehen, ging etwas spazieren, und ging gegen Abend bei Elli vorbei. Dort machte Josef sich gerade reisefertig, er war auf Sonntagsurlaub. Abends habe ich dann ein Stündchen bei Jansen’s gesessen. – Also die Plätzchen schmecken + das Buch gefällt Dir. Natürlich sind die Gestalten im Buch alle historisch. Nur bei einer Fam. ist der Name geändert, weil noch viele aus der Familie leben, und der Ahn in dem Buch eine unrühmliche Rolle spielt. T. Marie ist ganz begeistert, sie kennt die Höfe + teilweise auch die Familien. Übrigens ist das Buch wieder im Verkauf.
Daß die kleine Gerd so krank ist, tut mir aufrichtig leid. Da wird die Mama ja Sorge gehabt haben. Solltest Du noch schreiben, bitte so sende auch einen Gruß von mir, und ich wünsche baldige Genesung. –
Frau Plantz erzählte nun von Richard: Verlobung in Letmathe. Die beiden Mütter waren dort und eine Schwester der Braut. Richard ist augenblicklich in Hamburg in einer Dolmetscherkomp. Also Fr. Pl. ist ganz begeistert. Richard hatte sich vor der Verlobung mit Prof. Altmeier besprochen + seine Braut dort vorgestellt. Sein Vater kennt die Braut noch nicht. Ihm hatte er nur die Verlobung mitgeteilt. Richard will möglichst bald heiraten, Margret noch nicht, weil sie eine so gute Stelle hat, (400 Rmk. monatlich).
Willi Nußbaum, der Obergefr. ist für 7 Tage in Urlaub. O. Georg strahlt, Du mußt mal gratulieren. Jetzt verdient er schon etwas. – Mit den Luftangriffen wird es nun aber immer entsetzlicher. Das ist doch kein Krieg mehr. Die rotten ja tatsächlich die Menschen aus. Man bekommt jetzt ordentlich Angst, wenn die Sirene heult. Wie soll das enden? Wir müssen beten, daß Gott sich erbarmt! Vergißt Du es auch nicht ganz?
Morgen geht ein Päckchen für Dich ab zum Namenstag + zugleich für Ostern. Wenn ich mal wieder mit allem bei bin, (Mehl, Zucker, Butter ectr.) schicke ich nochmals etwas.
Und nun Gott befohlen, mein Junge. Es grüßt + küsst Dich in Liebe
Deine Mutter.