Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 16. Mai 1943
Köln-Dellbrück, 16. Mai 43
Mein lieber Rudolf!
Ich hatte doch heute einen lieben Gruß von Dir erwartet. Da er nicht kam, dachte ich, Du wärest selbst gekommen. Leider ist das auch nichts. Schade! Na ja, man muß zufrieden sein. Ich sitze am Fenster in der Sonne. Gestern war ich das erste Mal auf. Hoffentlich kommt kein Fieber mehr. Alle Leute kommen mit Blumen. Heute werde ich wohl keinen Besuch bekommen, alle feiern zu Hause. Ich weiß, daß Du auch an mich denkst. Wenn ich auf bin, schmerzt die Seite doch noch etwas, im Bett merke ich das nicht. Morgen kommt der Arzt. Hoffentlich ist er zufrieden. Wenn ich mir nur erst selbst helfen könnte. Ich muß noch immer schwitzen. Hoffentlich kann ich mir bald selbst etwas kochen. Ich bekomme pro Tag ½ Ltr. gute Milch, pro Woche 1/8 Pfd. Butter + 300 gr. Gries oder Haferflocken, für 12 Wochen. –
Wie geht es bei Dir? Hoffentlich gut. Schreib‘ bald, ich warte drauf.
Für heute Schluß. Empfange viele herzliche Grüße + einen Kuß von
Deiner Mutter.