Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 15. Dezember 1935
Iserlohn, den 15.XII.1935
Meine liebe, gute Mutter!
Nach achttägiger Pause wieder einen Brief. Bei mir ist alles in bester Ordnung. Hoffentlich bist auch Du noch gesund. Hier ist es bitterkalt. Ansätze zum Schnee sind da, aber es ist zu kalt. Dicke Eiszapfen hängen von den Dächern, und die Fensterscheiben sind mit glitzernden, weißen Blumen geschmückt. Unsere Stube ist heute angenehm aufgefallen. Einen Boden sage ich Dir wie ein Spiegel. Außerdem haben wir schon mit dem Weihnachtsschmuck angefangen. Einen Adventskranz mit 4 roten Kerzen, Tannenreiser mit Lametta und Kugeln, Montag abend bekommen wir noch einen Baum. Ich habe gestern alles eingekauft. Iserlohn ist teuer. Nun zum Weihnachtsfest.
Wenn alles klappt, wenn ich nicht zuviel auffalle, oder sonst etwas Ungeheuerliches in der Batterie passiert bekomme ich vom 21-27. Urlaub. Ich stehe als erster auf der Urlaubsliste. Ich komme so früh wie möglich. Freitag nach dem Dienst, wenn alles sauber, alle Klamotten in Ordnung, können wir abhauen. Übrigens habe mir doch Sackkoppel und Säbel nachbestellt. Kamerad Linden und ich waren die einzigsten in der Batterie die nichts bestellt hatten. Der Spieß stellte ein Verhör an usw, wir konnten uns nicht ausschließen. Ist ja auch eine schöne Erinnerung.
Habe gerade Deinen lieben Sonntagsgruß erhalten. Meinen besten Dank. Ein Gruß von zu Hause, ein Ruf der durch den Alltag bricht wie ein Sonnenstrahl den Nebel wegdrückt. Hast recht mit Deiner Behauptung vom sauberen Soldaten. Aber wir 2 Getreuen von Stube 64 konnten uns nicht ausschließen. Wir bekommen das Geld in Raten ab 1.1.36 abgehalten. Die ganze Batterie erhält nun das Bestellte bei der Weihnachtsfeier. Der Batterie sind nicht soviel Mittel zur Verfügung gestellt worden, wie im vergangenen Jahr. Sonst erhielten wir, die Soldaten, Geschenke im Wert bis 3,- M. (Handschuhe usw.) Ich hoffe, daß wir nächsten Sonntag durch Köln wandern. Ich freue mich darauf, Köln im Weihnachtsschmuck und Geschäft zu sehen. Steimels haben mir bejahenden Bescheid zukommen lassen.
Einen Rat zu geben, ob Du Vater schreiben sollst, ist schwer! Meine Meinung: Schreibe Ihm ein ganz kurzen Weihnachtsgruß. Schreibe nichts von Friedensfest usw., und leite diesen Gedanken dann auf unsere bzw. auf Eure Beziehungen und Eure Stellung. Laß den lieben Gott und die Zeit nur machen. Es wird alles gut. Schreibe Ihm, daß Du und ich nicht aufhören im Gebet an Ihn zu denken. Auch ich werde Ihm schreiben. Ich werde Ihm von meiner Umgebung und meinem jetzigen Leben erzählen. Also bis Freitag oder Samstag.
Viele, viele Grüße und einen treuen Kuß
Dein Junge.