Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 12. Januar 1936
Iserlohn, den 12.I.1936.
Meine liebe, gute Mutter!
Schon wieder mal ist Sonntag. Schon zählen wir den 12. Jetzt ist der Januar auch schon halb. So verfliegt die Zeit. Aber laßt uns froh sein. Wir kommen dann schneller wieder zusammen. Wir haben hier mächtig Arbeit. Jetzt brauch ich nicht mehr zum Stalldienst. Wir reiten nur noch. Wir, die sog. 100 %. Ist eine Vorbildung zum Reserveoffizier. Wir bekommen jetzt was mehr Lack vorm A---, wie der Spieß sagt. Wir machen den gesamten Kanonierdienst mit, Freitag ist unser Dienst bei den Nachrichtenleuten oder Funkern. Wir treten nur zum Reiten ab. Mit dem Reiten wird es auch besser. Wir reiten jetzt auf Kandare. Übrigens wirst Du meine letzten Briefe wohl hohl und leer finden. Es kommt von der vielen Arbeit. Ich bedaure es auch. Ich muß abends jetzt immer schriftliche Arbeiten mit Zeichnungen usw. machen. Wir sind natürlich im Artilleristischen zurück und müssen die Kanoniere möglichst schnell einholen. Man kommt garnicht mehr zur Ruhe. Die Gedanken drehen sich nur um den Dienst. Ab und zu geht mal ein kurzer Abstecher zu Dir, nach Hause. Dich und Vater und besonders unser aller Herr vergeß ich ob der Arbeit doch nicht. Von der Apothekerschaft habe ich noch nichts gehört. So schnell erledigen die wohl solche Briefe nicht. Bin auf ihre Antwort gespannt. Werde Dich sofort benachrichtigen.
Mir geht es ausgezeichnet. Du wirst es aus der Zahl ersehen. Ich wiege 66,3 K. Werde allmählich ein Brocken, watt. Nächste Woche schwimme ich mich freih. So geht es Schritt für Schritt mit einem weiter. Guter letzt ist man alt und hat immer noch nicht ausgelernt.
Wie geht es denn Dir mein Mütterchen? Bist Du noch gesund? Fühlst Du Dich manchmal wie früher schwach? Ist jetzt sicher eine stille Zeit im Geschäft, nütze sie. Ruh Dich aus, pflege Dich. Eß und trink tüchtig und geh viel an die Luft. Bist Du mit Frau Plantz nochmal ausgegangen? Mach Dir mal ruhig ein Vergnügen. Wie ist es denn mit Deinem Mantel? Bist Du bald in Kluft? Sorge mal für Dich.
Hab Richards Geschenk noch immer hier liegen. Weiß nicht wie und wann ich es abschicken soll.
Viele herzliche Grüße
und einen Kuss
von Deinem Jungen.