Anna Schmitz an Sohn Rudolf, 6. März 1937

Köln – Dellbrück, 6. März 1937

Mein lieber Rudolf!

Ein herzliches „Grüß Gott“ zum Sonntag Laetare, mein Junge. Mittfasten. Noch 3 Wochen, und so Gott will, bist Du wieder für einige Tage bei mir + zu Hause. Schon jetzt freue ich mich darauf. Gebe Gott, daß wir Auferstehung mit frohem, jubelnden Herzen und in bester Gesundheit feiern können. Wie ist’s mit Dir? Was macht Deine Verletzung? Hast Du Dienst gemacht? Ging das denn auch? Warum hat man Dir denn so eine gefährliche Spritze gegeben? Nur Vorsichtsmaßregel? Mein Kind, Du kannst wirkliche dem lieben Gott dankbar sein, für seinen Schutz. Befehle Dich nur jeden Tag in seine Gnade, du siehst, wie schnell etwas vorkommen kann. Ich habe in dieser Woche, in der Du wohl allerlei Strapazen mitmachen mußtest, sehr viel + besonders an Dich gedacht! Du bist doch meine größte Sorge, aber eine leibe Sorge! Bist Du froh, daß die Woche herum ist? Wie hat’s geklappt? Heute ist ja miserables Wetter, Schnee, Regen, Wind, kalt! Ein Glück, daß es Samstag ist! Hast Du morgen frei? Gehst Du ins Kino? – Ich werde morgen meine Maschine ausprobieren. Ich muß mich noch sehr daran gewöhnen! Aber eine Erleichterung ist es doch. Eben war Heinrich hier + hat sich die Maschine angesehen! Ein schweres Stück. Möge der liebe Gott die Arbeit segnen, die ich an ihr mache! Mit gutem Mut will ich anfangen. Lernen werde ich es doch wohl! So schwer wie am Anfang wird es ja nicht werden! Ich habe manche Träne drum ver-

 

Nun mein Kind sendet Dir in treuem Gedenken viele Grüße + Küsse                  
Mutter

vergossen, weißt Du noch? Und jetzt mache ich die Arbeit so gerne. Hoffentlich kann ich noch lange in Gesundheit + Freude meine Arbeit tun für Dich auch, mein Junge. Ich mache jetzt eine Honigkur. Abends + morgens je ein Esslöffel voll in ein Glas warmes Wasser. Das soll für Nerven + Herz so vorzüglich sein. Ich muß mal was für mich tun. – Tante Finchen hat Gott sei Dank alles gut überstanden. Heute bekommt sie die Fäden gezogen. Gestern war ich noch mal da! Sie sieht schon wieder ganz gut aus. Auch die Wunde heilt bis jetzt zufriedenstellen. Sie hat gute Pflege. Oma hatte sich sehr aufgeregt. Sie sah schlecht aus. Sie nimmt jetzt auch Honig. Heinrich ist am Mittwoch zurückgekommen. Er freut sich, aber er muß im Laufe des Jahres noch mal zurück. Johanna + die Kinder freuten sich riesig! Joh. hatte geschmückt + Kuchen gebacken. Es ist gut, daß er wieder zu Hause ist. So hat Oma auch mehr Ruhe wegen der Kinder. Hanni schläft noch immer bei Oma! Sonst ist hier alles beim Alten. Bei Tante Stina und den Andern nichts Neues. Ich hoffe jetzt, wenn ich mal eingearbeitet bin, mir mal eine Stunde Freizeit gönnen zu können, des Abends mal heraus in den Wald. Bald kommt ja der Frühling… Schneeglöckchen blühen ja schon + Veilchen. Es ist doch immer wieder ein neues Wunder, dieses Auferstehen auch der Natur. Die Amseln singen schon früh. – Meine kleine Maschine bekommt Hilla, für G.M. 30 Mark hat sie angezahlt, ich habe sie sofort bei Singer für die Neue angezahlt! Diese Woche wird O. Arnold zu Hilla fahren. Es war ein nettes Stück. Sie ist nicht betrogen damit.

 

Deinen Brief bekam ich eben Montag, schönen Dank dafür. Die beiliegenden Briefe sind besorgt. Heinr. läßt grüßen, er will selbst schreiben. Tante Stina dankt auch.