Anna Schmitz an Sohn Rudolf, 3. Juli 1937
Köln – Dellbrück,, 3. Juli 37.
Mein lieber, treuer Junge!
Nun will ich Dir aber noch rasch einen Sonntagsgruß senden. .Ich glaube ja nicht, dass Du ihn zum Sonntag dort haben wirst! Wie geht es Dir mein Junge? Ich hoffe mit Freude, dass ich Dich heute in 8 Tagen hier bei mir haben werde! Ich freue mich so sehr! Ich danke Dir für Deinen lieben Brief! Du mußt nicht sagen, Du quasselst von Dir. Mein liebes Kind, alles, was Dich betrifft, erfreut + interessiert mich so sehr. Ich danke Dir, und auch dem lieben Gott für Dein Geständnis. Du hast mir damit eine sehr große Freude gemacht! Wie ich den lieben Gott danke. Ich weiß nicht, daß Du das etwas greisenhaft nennst. Wozu gehört denn mehr Stärke, zum Genießen oder zum Verzichten. Man darf ja auch nicht nur den Augenblick im Auge haben. Ja, es ist manchmal sehr schwer, stark zu bleiben, ich weiß es sehr gut, aber Kind, Mutter hat Dir zuliebe auch verzichtet, dafür v erstehen wir uns heute auch so gut. Ich sehe jetzt ein, dass es das Richtige war. Wir wollen uns nicht beirren lassen. – Wie ist es nun mit der Arbeit? Ihr steckt wohl auch in den Vorbereitungen zur Übung? Hoffentlich ist es nicht gar so schrecklich heiß in den Tagen. Sei bitte vorsichtig mit dem Trinken! Also Mutter wünscht Dir alles Gute von ganzem Herzen. –
Ich habe heute meinen Urlaub angefangen. Zuerst werde ich mal alles waschen. Dienstag
geht nämlich die Maschine fort, die will ich noch mal benutzen. Dann halte ich anschließend Hausputz! Ich freue mich darauf. Ich habe ungefähr 25.- Mark Feriengeld bekommen. Ich habe mir Stoff zu einem Sommerjackenkleid gekauft. Ob mir noch etwas übrig bleibt zu ein paar Tagen Erholungsreise weiß ich noch nicht! Vater hat gestern schon das Geld geschickt! – Denk Dir mal, unser Herr Pastor ist versetzt und zwar nach Essen als 1. Pfarrer an die Münsterkirche, eine Auszeichnung. Hier ist allseitiges Bedauern! –
Nun noch 2 Tage, dann sind Bartz auch fort. Ich dachte, Du hättest ihnen noch einen Abschiedsgruß gesandt! Herr Bartz wird es sehr schwer. Er tut mir so leid! Sie packen nun schon alles. Da kommt mal aller Plunder aus den Ecken. Allerlei alten Kram bekomme ich auch. Das gibt Brandholz. Mir wird es ja auch eigen sein, die erste Zeit! Wärst Du nur erst da! Ich bin froh, dass wir uns jetzt noch mal sehen können! Hoffentlich kommst Du auch nun. Herr Bartz feierte gestern seinen 70. Geburtstag. Da waren seine alten Freunde noch mal da! Ja sagte er: Nun bin ich da so ganz allein + fremd. Und daß er Frl. Marga hier lassen muß, ist ihm hart! Wer weiß ob ihm der Wechsel bekommt! Ich wünsche Ihnen alles Gute! Maria bekommt das Meiste vom Hausverkauf! Ob sie Glück damit hat. Sie muß sich auch sehr umstellen. Also Rudolf nun sage ich auf frohes Wiedersehn. Ich denk an Dich in aller Liebe. Sei bis zum Samstag recht herzlich gegrüßt + geküßt von
Deiner Mutter.