Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 14. August 1937
Soest, den 14. VIII. 37
Meine liebe Mutter!
Jetzt flott einen Sonntagsgruß! Wie geht es Dir denn, mein Mütterlein? Noch gesund, froh und frisch? Hast Du viel Arbeit? Habt Ihr Oma’s Namenstag schon gefeiert? Was hast Du Ihr denn zum Geschenk gemacht? Mir geht es augenblicklich ausgezeichnet. Wie Du weißt, bin ich noch immer im Revier. Habe hier gute Tage. Werde längst nicht mehr so müde wie im Dienst bei der Batterie. Dies allein ist aber nicht nur der einzige Vorzug. Hier in der Garnison ist der Revierdienst wesentlich interessanter als auf dem Übungsplatz. Ich gewinne immer mehr Freue an diesem Dienst. So glaube ich auch im Beruf zufriedengestellt zu werden. Der jetzige Dienst ähnelt dem Beruf ja in Vielem. Wir haben hier doch eine vielfältige
Apotheke. Augenblicklich haben wir viel Untersuchungen von einzustellenden Reservisten. Ganz nette Arbeit. Vor allen Dingen kann man hier Menschen kennen lernen. Hier fällt gewöhnlich die Maske. Hier liegen Akten und ärztliche Befunde des Vorlebens und der Kriegsteilnahme. Du glaubst gar nicht wie viel Menschen es gibt die erblich belastet sind oder von ihren Vorfahren Krankheiten geerbt haben. Man kann froh sein, dass man gesund ist und einen gesunden und reinen Stamm hat.
Übrigens, ich habe Herrn Kirste geschrieben. Habe nochmals ein Lebenszeichen von mir gegeben. Habe mich für sein Entgegenkommen und für sein Vertrauen, das er mir geschenkt hat bedankt. Dann habe ich angefragt, ob es ihm nichts ausmachen würde, wenn ich erst am 5. 6. 7. usw. Oktober anfangen würde, da meine Entlassung noch nicht feststände.
Nachträglich habe ich aber gehört, daß das Alles Gerüchte wären. Der Termin würde vom Obersten Befehlshaber selbst festgesetzt. Augenblicklich wäre noch nichts bekannt. 1 Monat vor der Entlassung würde der Entlassungstag genau bekanntgegeben. Nun zum Manöver. Ich rücke als Sanitätsdienstgrad aus (per Fahrrad). Bin unserer Batterie zugeteilt.
Unser Manöver gliedert sich in Divisionsmanöver vom 21. VIII. bis zum 29. IX. Es geht in’s Sauerland und in’s Bergische. Freue Dich. Wir können uns nochmals sehen. In Berg. Gladbach kommen wir in’s Quartier. Dies ist das einzige Quartier dieses Manövers. Die anderen Nächte verbringen wir im Biwak. Also in Bergisch Gladbach sind wir über Sonntag, also morgen in 14 Tagen. Von dort werden wir verladen nach Münsterlager in der Lüneburger Heide. Da bleiben wir bis zum 3. IX. Am 4. IX. beginnt das Korps-
manöver. Es geht zur Eifel. Na bis dahin wirst Du noch manchen Gruß von mir erhalten. Es soll nicht so werden wie voriges Jahr. Du sollst laufend Nachricht bekommen.
Also, liebes Mütterlein bis bald! Wieviel Tage hat Reserve noch? Die 50 Tagegrenze ist überschritten. Bald ist das Soldatenleben zu Ende!
Was machen Heinrich’s Kleinen denn? Ist der Keuchhusten noch nicht weg? Gibt es sonst Neuigkeiten in Köln und Dellbrück?
Also einen frohen Sonntag. Es grüßt u. küßt Dich in alter Treue
Dein Junge.