Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 8. Januar 1942

den 8.1.42

Lieber Mann!

Jetzt kommt doch noch der private Brief, trotzdem ich zuerst eigentlich nicht wollte. Ich war schachmatt. Ich bin auch mal gespannt, wie lange ich dies Tempo durchhalten werde, denn zuerst kriegt man den Rappel, dass alles vom Gründlichsten sein muss, und jeder Fleck, den man sieht, muss weg.

Mein Haus ist augenblicklich kein Schmuckkästchen, aber ich bin abends so erledigt, dass ich kaum zu Abend essen kann und dann hinterher doch nicht schlafe. Aber ich denke, dass sich diese Übereifer noch legen wird. Andererseits verdreckt ein Haus mit so vielen Menschen schnell. Na, wir wollen mal sehen. Meine Hände werden herrlich grau mit schwärzlichen Nägeln.

Nun musst Du das aber nicht als Stöhnbrief auffassen, denn ich bin lustig und könnte vorläufig die ganze Welt auf die Hörner nehmen.

Soeben kommt unsere neue Einquartierung zurück. Er ist schon so zuhause wie die alte und ist lieber bei uns als z.B. beim Kameradschaftsabend. Eben hat es neun geschlagen, und er ist schon hier. Er hat sich dort entschuldigt und will den Abend über lieber hier bleiben. Gestern ging es genauso, da war ein Begrüßungsabend, und der Gute war schon vor 10 Uhr wieder hier.

Unsere Heidi ist ein süßes Balg. Sie hilft und nimmt mir viele Arbeiten ab, bevor ich überhaupt dran denke. Sie verdunkelt, holt Kohlen und vergisst das Spielen über der Sorge, mir zu helfen. Sie sagte vorhin, sie täte es nicht immer gerne, aber weil sie mich so lieb hätte, täte sie es doch gerne.

Ach und Du, Pappi, warum schreibst Du nicht? Ich warte. Und nun sei nicht böse, wenn ich Schluss mache. Ich bin zu müde, und wenn sich Herr Stöwer heute abend auf meine Gesellschaft gespitzt hat, dann werde ich sie ihm wie gestern abend entziehen und mich ins Bett legen. Ich bin doll müde, Deine Lotti