Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 18. Juli 1944

18.7.44

Liebster Mann!

Es ist herrliches, sommerliches Wetter, gerade recht, um Sommerfrische zu spielen, und das tun wir auch. Wir alle gehen den Tag über spazieren, frühstücken und essen in der 'Krone' in Rüngsdorf und schlafen abends, ich mit Helga und Klaus und Jürgen bei Schwingers, Omi und Heidi bei Schubert und Ursel bei Foegens. Gestern nacht sind nämlich eine Reihe Zeitzünder gefallen, ausgerechnet in unserer Gegend. Zwei in Frau Altenlohs Garten, zwei an der Ecke Lessing-Sedanstraße, drei vorm Vinzenzhaus zwei in der Römerstraße, einige in der Luisenstraße usw. Nun mussten wir alle räumen, und die Dinger gehen nacheinander hoch. Die eine der beiden Altenlohschen Bomben ist gestern nachmittag mit lauten Krach geplatzt und hat ihr Haus teilweise demoliert (ich bin augenblicklich in unserem Haus, weil wir weitab davon sind, aber der Mann ließ mich auf

eigene Gefahr durch die Sperre). Immerhin wird bei uns nicht viel passieren, denke ich.

Pech und Glück hatten Deichmanns, denen die Bombe, die auch ein Zeitzünder war, durch das Haus in den Luftschutzkeller sauste. Sie ist nun heute morgen explodiert und hat den vorderen Teil mit den schönen Zimmern weggerissen. Wir mussten alle rasch weg und werden nun von der N.S.V. versorgt,, und das klappt fabelhaft. Alles ist da: Eiglerschmidt und Dülmanns, Bergs und Strengers, Arndt und Siefkens, im ganzen über 200 Personen. Blos glauben wir nun nicht mehr an die Dreesenschen Schutzengel. Überhaupt haben wir nun wieder dauernd Alarm.

Aber irgendwie haben wir Ferien. Wir haben nichts zu tun und brauchen den ewigenRundgang zu den Lebensmittelläden für ein paar Tage nicht zu machen. Ich wünsche aber doch, dass es nicht sieben Tage dauert.

Pieschs haben das Geld geschickt, aber nur 200.- statt 250.-. Sage das bitte. Es fehlen also noch 50.- Mk.

Viele liebe Küsse, Deine Lotti