Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 7. Dezember 1941

7.12.41

Mein lieb Lött,

es ist der 2. Adventssonntag und ich sitze wieder im mollig geheizten Major Zimmer, für dessen gute Beheizung nicht jetzt selber aufmerksam sorge, denn es ist eine zu große Wohltat, hier ungestört sitzen zu können. Hoffentlich kommt mir niemand auf die Schliche. Ich habe heute Deinen lieben Brief vom 3.12. bekommen. Du lehrst den Kindern aber auch unsere schönen alten Weihnachts- und Adventslieder, nicht wahr! Ich bin nicht stuhr gegen das Neue eingestellt, soweit es sinnvoll und gut ist, behalte mir aber die Kritik vor, sowie ich auch an manchem Alten Kritik übe. – Ich schicke Dir einen Artikel über die Ostkolonisation mit, der mich interessiert hat. Daß Du an dem Buche Spaß hast, freut mich mich hat es sehr interessiert und teilweise ist es auch gut und interessant geschrieben. Es wird mir immer eine Erinnerung an meine Kriegszeit an der Nordsee sein. – Ob ich wohl Weihnachtsurlaub heraus schlage? Der Gedanke läßt mich keine Minute mehr los. Ohne ein Atest von Schampel wird es wohl nicht gehen. Die Urlaubsregelung ist jetzt heraus. Es sollen Verheiratete mit Kindern bevorzugt werden, aber es dürfen pro Einheit nur 0,3 % täglich beurlaubt werden; d.h. also von der 200 Mann starken Stabskompanie alle 3 Tage 2 Mann. Das ist herzlich wenig, da ich nun im September erst Urlaub gehabt habe und andere Kameraden seit November vorigen Jahres nicht mehr, muss ich schon einen starken Hebel ansetzen, daß es gelingt. Beeilt Euch nur, daß es nicht zu spät wird kommen, sonst liegt die namentliche Liste vor und ab dann ist es schwer einen Kameraden zu verdrängen. Auch liegt mir das garnicht. Wie geht es denn Deiner Hand? Merkst Du schon eine Besser-

ung? Sei nur recht vorsichtig, damit ich nicht an krankes Lottenfrauchen vorfinde. Ich will auch bestimmt nicht in den Ecken nachsehen, ob ich Dreck finde. Wie kommen Mutter und Anneliese denn mit der Arbeit durch? Ist das Heidimädchen immer noch so lieb und Haus mütterlich. Du musst jetzt sicher die Aufsicht über die Kinder übernehmen, wo die Anderen alle andere Arbeit am Hals haben. Hoffentlich kommt mein 2. Paket mit dem Lavendelwasser heil an.

Wenn Du noch mal anrufst, min Lött, dann bitte wieder Vormittags, denn nachmittags kann es sein, daß ich fort bin, es ist zwar nicht wahrscheinlich, kann aber doch sein. Daß Du mit Stettin gesprochen hast, ist sehr schön. Hat Hans irgendetwas gesagt? Warum wird mir eigentlich die Anschrift von Hansi so hartnäckig verschwiegen. Ich möchte ihr doch zu Weihnachten schreiben. Sie hat ½ Jahr von mir keine Post mehr bekommen. Es ist schrecklich wie die Briefschulden anwachsen, wenn man nicht viel zum Schreiben kommt. Huh, wie das draußen bläst, es rannte in die Fensterladen und zittert die ganze Baracke.

Grüße Mutter und die Kinder recht lieb von mir.

Dich selbst küsse ich lieb und hoffe, daß es gelingt, daß es gelingt, daß ich Weihnachten bei euch bin               -       Dein Mann.