Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 7. April 1941

den 7.4.41

Mein lieber Mann!

Heute kamen drei Briefe. In zweien davon wartest Du auf Post von mir. Mittlerweile wird sie ja wohl da sein. Dein Brief vom Sonntag morgen war heute, Montag nachmittag schon hier.

Weil wir nun heute großen Hausputz hatten, fand ich es wundervoll, dass zum gemütlichen Nachmittagskaffee mit Zigarette gleich zwei Briefe dalagen, und nun komme ich auf eine Stunde zu Dir. Das Gröbste ist geschafft, und wir zwei erzählen uns etwas in unserer Ecke. Die Kinder toben auf der Straße, die Omis kaufen ein, und der Ofen brennt herrlich warm, denn draußen ist es wieder kalt geworden. Ein paar herrliche Forsythienzweige stehen wieder im Glaskrug. Anneliese hat sie mir besorgt, alle paar Tage neu. Sie macht dann immer ein spitzbübisches Gesicht und ich nehme an, dass sie sie aus den Rheinanlagen holt. Die Gardinen im Schlafzimmer haben wir statt wie sonst mit Deiner Hilfe mit der Einquartierung aufgehängt. Dafür hat er dann Kaffee mitgetrunken. Personalien: Ostthüringer, 30 Jahre alt, unverheiratet, Bücherjeck, im Privatberuf Kaufmann, jetzt Fahrer. Im vorigen Quartier hat er sein Geld für Cafes und Kino ausgegeben. Jetzt hängt er jeden Abend bei uns. In den ersten fünf Minuten hat er das Bücherregal durchgesehen, nun holt er ein Buch nach dem anderen. Wir haben ihm Annelieses Zimmer eingeräumt.

Ich freue mich, dass Du noch Süßigkeiten schickst. Ich habe hier noch nichts bekommen, trotzdem ich die Marken dafür habe. Aber es ist nichts da.

Morgen nachmittag hole ich die Schreibmaschine, freu Dich. Ich merke, wie ich viel mehr erzählen möchte, es geht mir aber nicht schnell genug.

Im Lexikon steht:

Gibraltar kam am 21.7.1704 durch Handstreich an die Engländer. Spanien hat dann immer wieder versucht, es zurückzuerobern, es ist aber misslungen.

Malta 1800 von den Franzosen an die Engländer.

Cypern 1878 durch Vertrag mit der Pforte.

Der Suezkanal wurde 1869 eröffnet.

Willst Du einen Vortrag halten? Ist Dein Füllfederhalter kaputt?

Ich lege Dir den Brief von H. Schilling wieder bei. Er hat mir ja auch geschrieben. Er ist ja ziemlich deprimiert.

Taschentücher packe ich ein. Die Zigaretten im Osterpäckchen rauche mit Bedacht. Ich kriege sonst keine. Frau Linde läßt schon Lilli zu mir schicken und um eine Zigarette bitten. Es ist doch gut, wenn man sich nicht von den Dingen abhängig macht.

Meine Handschrift ist gräßlich, aber wenn ich langsam schreibe, wird es erstens nicht besser, und zweitens laufen mir die Gedanken davon.

Engels Partenkirchen hat noch nicht geantwortet.

Die junge Frau patschke heiratet wieder.

Sorge doch bitte, dass die Bücher, die Du mitgenommen hast, nicht fortkommen. Es sind alles Bücher, die ich gerne habe.          Viele Grüße. Deine Lotti.