Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 1. April 1941

den 1.4.41

Lieber, Liebster!

Unsere Fünf sind im Bett. Das Wetter war sonnig, aber kalt, und sie haben sich draußen gründlich müde getobt. Sie bekamen zum Abendessen Nudelauflauf, den sie alle schrecklich gern mögen. Dazu eine Apfelsine. Du hättest das Geschrei hören sollen, als ich mit dem Tablett ins Zimmer kam. Alle saßen schon frischgewaschen in ihren Betten, Jürgen bei Helga und jeder wollte den ersten Teller haben. Sie haben wahrhaftig bis auf einen kleinen Rest zu viert ein ganzes Pfund Nudeln gegessen. Und nun schlafen sie alle mit ihren vollen Bäuchelchen. Und ich bin zufrieden, wenn alle so gut versorgt sind.

Dein Steingarten wird lebendig. Man sieht jetzt, dass alles, bis auf die eine Pflanze an der Mauer, angegangen ist. Dann habe ich heute eine Reihe Iris gepflanzt, die Herr Becker schicken ließ. Beitin war krank gewesen, will nun aber kommen.

Wo bleibt bloß so ein Tag? Ich habe immer allerlei vor und rutsch ist er hin. Das Geländer, an dem die Tage laufen, oder vielmehr die Geländerstäbe sind Deine Briefe. Ich habe heute Deinen Brief vom Samstag bekommen. Ich hab Dich lieb.

Heute abend werden nun beim Radio Ringe an die frischgewaschenen Schlafzimmergardinen genäht.

Ich habe heute in der Wochenschau Bilder vom Theater in Posen gesehen. Für den Osten wird ja sehr viel getan, und auf das Theater kann jede westliche Stadt stolz sein. Vielleicht wird auch für uns einmal der Osten da sein. Ich denke mir so oft ein hübsches Haus irgendwo aus mit Heizung, einem Garten und einer großen Terrasse. Es muss nicht Godesberg sein. Ich bin zu wenig verreist, so dass ich oft Lust nach der Stimmung eines anderen Landstriches verspüre. Ich möchte auch gern mal eine Anregung durch solche andere Stimmung bekommen. Man läuft hier rum und sieht aus lauter Gewohnheit das Schöne nicht mehr. Und in dem anderen Haus müssten die Omis dann zu Besuch kommen. Und hoffentlich kommst Du bald wieder, und der Krieg zieht sich nicht, wie Tante Grete sagen würde, wie Gummifutter in die Länge. Außer der Arbeit ist es ohne dich doch schrecklich langweilig.

Der Brief soll in den Kasten. Gute Nacht, Deine Lottimaus

und alle fünf kleine Mäuse