Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 6. Dezember 1941

6. 12. 41

Mein liebes Lottenkind,

Der Gedanken doch noch einen Weihnachtsurlaub herauszuschlagen, läßt mir plötzlich keine Ruhe mehr. Es müsste nur recht schnell gehen. Schon wird mir das Atest sicherlich schreiben. Es entspricht ja auch den Tatsachen.

Ich habe mich so gefreut, daß ich bei Deinem Anruf Deine Stimme gehört habe, konnte aber in Gegenwart von Fw. Otto , der übrigens z.Z. im Bau sitzt, und von Lt. Bock nicht so sprechen, wie ich gerne gewollt hätte.

Das Büchlein mit den Bildern v. Fritz Lometsch hat mir sehr viel Freude gebracht. Ich glaube, daß ich manche Anregung übernehmen werde. Denn es ist nicht schöner als wenn sich die Weihnachtsstimmung von Tag zu Tag steigert, und unsere Kinder sollen doch von Weihnachten so viel wie möglich haben. Ich habe außer den beiden Bilderbüchern hier noch einen Holzkutter und ein Auto aufgetrieben und noch 2 Flaschen Lavendelwasser. Die eine mit dem offenen Stöpsel ist für Dich, die andere für Mutter zu Weihnachten. Ich habe außerdem noch ein paar Leuchtnadeln als Broschen für die Kinder. Das Paket habe ich heute zur Post gegeben, die Broschen habe ich aber vergessen, und schicke sie in einem Brief nach.

Wie gefällt Dir das Buch von den Nordseeinseln. Es soll eine Erinnerung an Husum und eine Veranschaulichung des Insellebens sein.

Heute ist Dux, der schöne Wolfshund des Majors dadurch gestorben, dass er als sein Herrchen sein Flugzeug bestieg am Flugzeug hochsprang und in die Luftschraube kam. Er tat mir sehr leid, der arme Kerl. Ich habe es auch an Walter Maiss geschrieben, der ihn die ganze Zeit in Holland, Husum und hier gepflegt hat.

Mir tut die Hand vom vielen Schreiben schon weh. Ich komme aber doch meinen Schreibschulden langsam bei. An Pützens schreibe ich morgen, ebenso ein Zimmermanns zum Tode ihres Sohnes.

Heute ist nun der 2. Adventssonntag und ich möchte, wie immer, gern beim Kerzenschein bei Euch setzen und im warmen Zimmer plaudern.

Hier ist der Sturm wieder wach geworden und bläst wie einst durch alle Fugen. Gott sei Dank haben wir älteren Soldaten wenigstens anständige Betten. Die anderen frieren in ihren Holzserben zum Erbarmen.

Unser Chef, der Major, muss am 8. Dezember zu einem Vortrag über die Jagdfliegerei vor den ausländischen Attaches nach Berlin.

           1000 liebe Grüße und Küsse                   Dein Harald