Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 15. Januar 1941

den 15.Januar 41

Mein lieber Harald!

Vorhin bin ich wieder nach Hause gekommen, nachdem Heidi nun die Rachenmandeln ge-kappt bekommen hat. Sie hat sich sehr tapfer benommen und war auch gleich nachher wieder fröhlich. Ich habe dann noch eine halbe Stunde an ihrem Bettchen gesessen, und dann, meinte sie, könnte ich nach Hause gehen. Heute nachmittag bringe ich ihr nun die zwei versprochenen Bilderbücher. Sie liegt im Markusstift auf der Kinderstation, die sehr niedlich ist. Außer ihr sind noch sieben andere Kinder da, und es herrscht ein mächtiges Getobe. Aber abgesehen von den Kosten fand ich die Kinderstation auch viel netter, denn da wird sie abends bestimmt kein Heimweh bekommen.

Nun muss ich mich an den Zustand gewöhnen, dass ich oft tagelang keine Post von Dir be-komme, nachdem ich bisher so verwöhnt darin war. Scheußlich. Um mich darüber hinweg-zutrösten, lese ich jeden Tag Deinen letzten Brief und rate an ihm rum und lese zwischen den Zeilen. Aber nun wird es Zeit, dass Du wieder schreibst. Ob Du in der Zwischenzeit Post von mir bekommen hasst?–

Ich war den ganzen Nachmittag bei Heidi. Sie ist doch ein liebes, kleines Ding. Und war so vernünftig, als ich ging.

Nach Tisch hat Julius Pütz aus Köln angerufen. Er kann leider nicht nach Godesberg kommen, wartet aber sehr, dass Du ihn besuchst. Ich hae ihm gesagt, dass, was an Dir läge, in dieser Beziehung geschieht.

Von Hans Banthien bekam ich bezw. Du die Aufstellung der Zinsen und Abzahlung. Er schreibt aber drunter, dass es keine Mahnung sei sondern lediglich eine Formsache. Und dann bittet er um Deine Feldpostnummer, da er sie verlegt hat. Du sollst mal von Dir hören lassen.

Der Brief kommt jetzt in den Kasten. ich fühle mich heute zerschlagen und richtig doof. Meine Halsschmerzen sind seit gestern endlich weg, aber ich scheine doch nicht ganz in Ordnung zu sein. Mein lieber, lieber Harald!

Deine Lotti