Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 9. Dezember 1944

den 9.12.44

Mein lieber Mann!

Das Leben wird so schwer, und ich bin deshalb gedrückt und nicht in weihnachtlicher Stimmung. Dass ich den Kindern so gar nichts besorgen kann und dass ich Dir keine Plätzchen schicken kann, tut mir weh. Morgen läuft der Termin für Feldpostpäckchen ab, und ich laufe täglich die Runde bei sämtlichen Bäckern und habe noch immer kein Mehl bekommen. Ich backe nun nächste Woche wieder Plätzchen aus Roggenmehl, aber es lohnt nicht, sie Dir zu schicken. Halte Dich da lieber an Lenchen.

Dazu sind wir alle krappig im Haus. Wenn man anderthalb Wochen nur Rübenkrautbrote gegessen hat und zum Schluss auch kein Kochfett mehr hat, und alles ohne machen muss (zwei Karten weniger merken wir), so wird man gereizt. Und wenn wir die Butter bekommen, so ist es jetzt so wenig (90 Gr. pro Kopf in der Woche), dass man da auch nur drei Tage mit reicht. Und nächsten Monat wird es noch weniger.

Die Kisten stehen gepackt. Ich bekomme sie nur nicht weg, Eil- und Frachtgut wird nicht angenommen. Ich muss warten, bis es gelockert ist. Und dann macht mir jeder Angst vor dem Risiko, etwas auf die Bahn zu geben.

Die Reise nach Frielendorf lohnt nicht, weil ich

nur den Koffer ins Abteil mitnehmen kann, und zu schwer darf er nicht sein, weil ich unterwegs immer tragen muss, längere Strecken vielleicht. Aufgeben kann man Gepäck auch nicht mehr. Die Wehrmacht nimmt auf dieser Seite auch keine Leute mehr mit, nur durch Beziehungen kann man Autos bekommen, die einem etwas mitnehmen. Es ist ein wahrer Schwarzhandel damit geworden (Koffer von Köln bis Rüngsdorf 50.-Mk). Sachen wegschaffen kann man also nur noch durch die reguläre Verschickung. Ich habe nun alles gepackt da stehen, kann aber wie gesagt, nur einen Koffer mtinach Frielendorf nehmen, weil ich unterwegs ja laufen muß (Limburg/Lahn, Gießen). Ich bekomme zum Zweck des Wegschaffens auch nur eine Reise bewilligt.

Es gehen immer Leute weg mit den Transporten, aber sie schreiben Jammerbriefe. Sie kriegen keine Kartoffeln und keine Kohlen. Gestern sprach ich Herrn Krug, dem Schwager von Toni Hillenbrand. Er hat seine Familie evakuiert und ist entsetzt. Wenn er könnte, holte er sie sofort nach Hause. Aber das geht ja dann nicht mehr. Wäre er als Mann nicht dabei gewesen, lägen sie heute noch in einer Schule auf Stroh, wo sie zuerst untergebracht waren. Er hat dann durch seine ...

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