Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 16. März 1942

Jever, den 16.3.42

Mein liebes Lottenkind,

obgleich heute der Todestag von Vater ist und infolgedessen ernste und besinnliche Gedanken in mir vorherrschen, habe ich mich über Deinen lieben Brief, der heute ankam, herzlich gefreut. Besonders die Nachricht, daß Ihr wieder ein Mädchen bekommt und dazu noch anscheinend ein gutes, freut mich ganz enorm. Die paar Tage März vergehen auch noch und dann wird alles wieder gut. Was mußt Du denn für einen Lohn zahlen? Hoffentlich könnt Ihr sie auch halten, denn bei uns gibt es sicherlich mehr Arbeit als bei dem Pastörchen.

Am meisten aber habe ich mich gefreut, daß Du Ende April kommen willst. Du hast dann noch Zeit, das Mädchen so einzuarbeiten, wie Du es willst und fährst dann ab zu mir und kannst Dich dann gleichzeitig mal wieder schön erholen. Denn das hast Du sicher nach den tollen Monaten dringend nötig. Der 20. April ist mir schon recht (Du hast doch richtig gerechnet?) Ich werde dann hier rechtzeitig Quartier machen. Ich will gleich in den nächsten Tagen mal zu sehen, wo es hier hübsch ist und was es kostet.

Ich habe heute – oh Wunder – einen Brief von Lenni aus Köln bekommen und will ihr gleich noch antworten. Sie hat mir auch Zeitschriften geschickt. Vor ein paar Wochen hat sie das schon mal getan aber ohne Absender, sodaß ich nicht wußte, von wem sie kamen. Ich hatte schon Silbermann in Verdacht.

An Urlaub ist hier in erster Zeit garnicht zu denken. Das ist bei einer neuen Dienststelle immer so eine Geschichte. Aber wenigstens sind wir Riemann los. Er ist als Chef einer Stabskompanie nach Rußland versetzt. Da die werden sich ja freuen, wenn sie rausbekommen, was das für ein nervöser Happel ist. Hauptsache, wir sind ihn los. Seinen Nachfolger kennen wir noch nicht. Er wird ja wohl besser sein, denn sowas gibt es ja – Gott sei Dank – nicht heufig.

Daß Lisbeth Hessel mir Zigaretten spendiert hat, ist ja rührend, aber eine andere Frage: Hat sie das Vesdepheft mit dem Nachruf für Vater zurückgegeben. Wenn nicht, muß sie getreten werden. Hat sie Kröber von unserem Besuch bei Ingwer Paulsen geschrieben? Es würde ihn sicher freuen zu sehen, daß von seinen Vorträgen etwas hängen bleibt.

Was Du mir von den Kindern schreibst, ist ja süß. Halte die sie aber auch, wenn das Mädchen da ist an kleine Pflichten gebunden. Diese Pflichten dürfen die Kinder natürlich nicht belasten und nicht von den Spielen abhalten, aber sie müssen sich daran gewöhnen, daß es bei dieser oder jener Sache auf sie ankommt. Das neue Mädchen muss natürlich auch angewiesen werden, daß es streng darauf hält, dass von den Kleinen Ordnung gehalten wird, damit nicht immer hinter ihnen her geräumt werden muß (Mäntel z.B.)

Daß Mutter wieder froher ist, freut mich für Dich und sie. Es ist doch schön, daß ich nicht in Rußland liege, sonst könntest Du mich nicht besuchen, und Dein Besuch ist doch wieder was wo ich mich jetzt lang drauf freuen kann.

Wilhelm Lichtschlag ist – wie ich höre – in ein anderes Lazarett überführt worden, wo der Nierensteinen wegoperiert werden soll. Ich habe es allerdings nur gerüchteweise gehört.

Du, Lotto, ich kann die Briefe nicht mehr durchlesen, wenn ich sie glücklich geschrieben habe. Wenn Fehler drin sind, kann ichs nicht ändern. Es muss aber alles sehr schnell gehen, denn ich kann die Maschine nicht allzu lange besetzen.

Ich freue mich auf Dich und schicke Dir schon 1000 liebe Küsse entgegen
Dein Harald

Ich habe in J. schon eine Reihe von Briefen auf meine neue Feldpostnummer bekommen.

Den Kindern ein liebes Küßchen.