Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 14. März 1941

den 14.3.41

Mein liebster Harald,

zuerst bitte ich Dich um Verzeihungm, dass ich Dir gestern den Brief geschrieben habe und Dich mit solchen Sachen behelligte. Es tat mir sofort hinterher leid, aber da war der Brief schon abgeholt und ich war zu wütend gewesen. Bitte, zerreisse ihn und ärgere Dich nicht, dass ich Dir so etwas schreibe.

Das Kränzchen war sehr nett, denn wir hatten allerlei nette, für uns Frauen interessante Themen. Frau Holtmann wird immer lebhafter und bestreitet fast die ganze Unerhaltung. Sie ist selig, junge Frauen zu kennen du geht mit südländischer Lebhaftigkeit aus sich heraus.

Herr Benedens hat heute eine Karte geschrieben. Ich habe ihm sofort, wie Du es wolltest, den abgeänderten Brief geschrieben.

Die 500.- Mk sind noch nicht eingetrudelt, ebenso nicht die Gelder von holbach, Reiff und Schwartz. Aber ich komme gut durch und Du brauchst keine Sorge zu haben.

Ich war im Laden Linz. Frau Linz erzählte mir, dass es ihrem mann sehr gut gehe und seine Magenbeschwerden vollkommen verschwunden seien (das übliche) Wilhelm Düren traf ich auch, er war sehr traurig, dass Du ihn „geschnitten“ hättest, Du hättest ihm wertvolle Winke geben können für sein demnächstiges Soldatenspiel, mit dem er doch nun sehr rechnet.

Bei dem letzten Alarm vorige Woche, hatte Köln wieder allerlei mitgemacht, erzählte Frau Stein (von Leni) Das Stapelhaus ist ausgebrannt. Schade.

Heute abend werde ich nun mit Deinen Badetabletten baden. Vornehm.

Ob Du jetzt wieder fröhlicher bist? Wie vielen wird der urlaub so verdorbben. Und mir gings ja nicht besser. Denn auch ich hatte mich auf die Zeit so besonders gefreut. Ausser dem Kränzchen und einem Kinobesuch habe ich doch hier, wenn Du nicht da bist, garnichts. Höchstens Bücheer. Der Tag vergeht in Kleinarbeit, Verwaltungsarbeit und Ämterlaufen. Abends wird gestopft oder Dir geschrieben, meistens beides. Und wenn die Anderen im Kränzchen von grossen Reisen erzählen (Frau stein hat mit ihrem mann auch eine Finnland und eine Nordlandreise gemacht, geschweige denn die anderen) und von Festen nd Zwischendurchreisen, dann muss ich ja auch den Schnabel halten. Nicht denken, dass ich jetzt motze. Ich bin sehr fidel und fröhlich, aber richtig lebe ich doch nur, wenn Du da bist. Auch, wenn wir arbeiten müssen. Immer noch besser, Dich mit Arbeit hier haben wie garnicht.

Und was ich kann, arbeite ich ja schon vorher weg. Aber weder die Einkommensteuer noch die Engelsche Sache noch Rau und Mathieu konnte ich allein fertigkriegen. Und mit Grashoff brauchst Du Dich ja jetzt auch icht mehr rumzuschlagen. Ic konnte die erste Abrechnung nur nicht ohne Dich machen. (Eine Frage: Heute kam eine Gutschrift über 30.- Mk. Für Rau und Mathieu Karl-Finkelnburgstrasse an. Muss ich das bei der Abrechnung uner Einnahmen buchen?)

den 15.3.41

Die Kinder sind draussen und sehen auf dem Pädaplatz der Generalprobe zur Heldengedenkfeier der Wehrmacht zu mit Panzerspähwagen und allem möglichen. Ich selber will mich gleich an die Abrechnungen der übrigen Hausverwaltungen setzen und habe als Samstagsabendfreude mir ein schönes Buch geholt.

Kommen jetzt bei Euch die Tommys? Der Vetter von Fräulein Beitin schrieb, sie würden jetzt mehr davon belästigt als vorher und das macht mir Sorge. Gestern nacht hatten wir Alarm und ich habe die ganze Zeit in Sorge an Dich gedacht. Es muss scheinbar wieder Köln gegolten haben, denn drei Stunden lang war in der Ferne Gebrummer. Nur zweimal verirrten sich Flieger bis hierher, das man an dem Näherkrachen der Flak hörte. Es störte mich in meinem Halbschlaf nicht, bis ich wieder das Sirren und einen gewaltigen Krach hörte, der nicht nur mich, sondern alle fünf Kinder mit einem Schlag in die Höhe brachte. Eine Bombe war auf der anderen Rheinseite runtergekommen.

Ich habe Dich so lieb und habe Sehnsucht nach Dir. Weiter weiss ich nichts.
Deine Lotti