Harald Endemann an seine Frau Charlotte, Juni 1942 (?)

Mein liebes Lottenkind,

Ich habe mich über Deinen Anruf sehr gefreut und will nun ganz schnell Deine Frage beantworten, nachdem ich mir den Fall gründlich überlegt habe. Ich bin zu dem Schluss gekommen, daß Du Helga ruhig fahren lassen sollst, wenn sie selbst gern will. Andere Luft und andere Eindrücke werden ihr nicht schaden und die Holländer, die deutsche Kinder nehmen, werden schon gut zu ihnen sein. Es schadet auch garnicht, wenn so reizende Kinder wie Helga ins Ausland kommen, denn dann sehen die Holländer doch, daß das deutsche Volk immer noch ein Kulturvolk ist. Voraussetzung ist natürlich, daß Helga gern will, denn sonst bekommt sie Heimweh und dann schadet die ganze Sache mehr als sie nützt.

Wenn ich noch damit rechnen könnte im Juni in Urlaub zu kommen, so würde ich aus reinem Egoismus gegen eine Reise Helgas sein, aber gestern habe ich meine letzte Hoffnung begraben, denn ich habe ein Schreiben an die Division schreiben müssen, daß im Sommerhalbjahr kein Urlaub genehmigt werden könnte, da bei den dauernden Großeinflügen jeder Mann gebraucht wird. Weiß der Teufel, wann wir mal wieder Urlaub bekommen.

Ich bin jetzt 3 Tage hintereinander um 9 bzw. 10 Uhr ins Bett gegangen, das hat mir sehr gut getan, denn ich war doch ziemlich ab.

Ich habe leider keine Zeit mehr und grüße Dich viele Male und schicke Dir 10.000 Küsse.
Dein Harald