Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 25. März 1943

25.3.43

Mein liebes Lottenkind,

ich bin faul, stinkfaul. Ob das an der Sonne liegt, die nach wie vor scheint und mir den Pelz wärmt, dass es mir oft schon zu doll wird. Du wirst das nicht empfinden, denn Briefe schreibe ich ja, aber das, was ich machen soll, davor drücke ich mich. Also Thea und Heidi sind nun fort. Hoffentlich hat unser Kind es dort auch gut, wenn so niemand von uns dabei ist. Ich habe Schultzens mehrfach geschrieben. Sie antworten mir aber nicht. Nicht einmal einen Weihnachtsgruß haben sie mir geschickt. Ich hatte Hans vorgeschlagen, er möge mir mal schreiben, wenn er in Hamburg zu tun hat. Dann wollte ich versuchen, ihn zu treffen. Aber sie sind auf nichts eingegangen. Ob Hans Angst hat ich wollte ihn wegen meiner Anstellung festnageln. Ich wüsste sonst keinen Grund für sein beharrliches Schweigen.

Vorgestern Abend habe ich mir den Film „Diesel“ angesehen mit Wegener und Birgel. Er war recht gut. In der dabei gezeigten Wochenschau sah ich auch die im Bau befindlichen Rüstungswerke, von denen Du schriebst. Ja, ja, wie man sieht richtet man sich höheren Orts auf geraume Zeit ein. Es ist das Beste wir tun das auch und entgehen dadurch vielen Enttäuschungen.

Die kleinen Freuden des Lebens – früher kaum beachtet – müssen jetzt vieles ersetzen. Da ist z. B. der Wald auf

dem Schwarzen Berg. Er ist nicht viel größer als der auf der Godesburg und dient zur Tarnung unserer dunkeln Vorhaben. Er ist dicht besetzt mit Baracken und Baugruben. Wo immer nur so ein Ding überhaupt hingeht steht sicher eins. Durch diesen entzauberten Wald muss ich jeden Morgen und Abend hindurch. Er ist nicht mehr schön, aber in seinen Bäumen singen froh die Vögel und da freue ich mich dann drüber. Oder es sind die herrlichen Sonnenuntergänge, die ich von meinem Schreibtisch aus beobachten kann und die die Ebene jeder anderen Landschaft voraushat.

Es ist nun ziemlich sicher, dass ich am 1. 4. zum Vesdep nach Hamburg fahre. Erinnere bitte die Mutter, dass sie die Bilder, um die ich sie gebeten habe, rechtzeitig schickt (Turmfeste, Kompanie, Musik, Ruderverein usw.) damit ich sie den Hamburger Kameraden zeigen kann. Das wird sie sicher interessieren.

Dann habe ich noch eine Bitte. Biederbick muss mir noch einen Film verkaufen (6 × 9). Ich habe den letzten Film vor Weihnachten von ihm bekommen. Frage ihn nach dem Film, wenn Du die Bilder meines gestrigen Filmes zum entwickeln bringst oder abholst.

Weil ich Dich in der letzten Zeit so viel um dies und jenes gebeten habe, habe ich andererseits auch eine Überraschung für Dich vorbereitet, über die Du Dich recht freuen sagst.

1000 liebe Küsse – Dein Harald

viele liebe Grüße auch an die Omis und die Kinder. Hat die Mutter meinen Brief bekommen und was hat sie unternommen?