Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 20. Februar 1941

den 20.2.41

Mein liebster Harald!

Ich will Dir nun schreiben und weiß nicht, was. Ich bin so ausgefüllt von dem Gedanken an Deinen Urlaub, dass ich für nichts anderes großes Interesse habe und eigentlich nur warte, bekommst Du ihn oder nicht. Ich war heute nochmal beim Arbeitsamt, die sagten, sie hätten das Gesuch noch am selben Tag rausgehen lassen. Wo mag es nun sein? Oder braucht so ein Ding vom Wehrkreiskommando bis zu Euch drei Wochen?

Götz Klaasen ist nun wieder weg. Er hatte sich richtig bei uns eingemietet bis auf die Mahl-zeiten und war gestern bis l0 Uhr abends geblieben. Es war immer interessant. Und schöne Zigaretten hatte er auch immer. Ich hatte bei Biederbick immer nur ´Eckstein´ bekommen, die ich nicht anbieten konnte, und da hat er mir dann immer welche angeboten und zum Schluss noch ein paar schöne dagelassen. Ich habe mich revanchiert, indem ich die letzte Flasche Vino (vom echten, was er auch sofort merkte) angebrochen habe.

Wie verschieden waren doch die beiden Begräbnisse, das Deines Vaters und das von Onkel Emil. Bei dem einen die Nachrufe eines erfüllten Lebens, bei dem anderen ein Aufatmen, dass dieses unglückliche (Kolfhaus sprach von Schuld und Schicksal) Leben endlich seine Ruhe gefunden hat. Und so lauten auch alle Kondolenzschreiben.

Und nun geht das alte Leben seinen Gang weiter, und in dieser Generation gibt es auch wieder einen Dicken und einen Langen. Der Neue soll in seiner Jugend mehr Liebe und Verständnis von seiner Mutter bekommen, und der andere hat hoffentlich einen glücklicheren Stern über sich.

Ach Pappi, komm bald!
Deine Lotti.