Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 16. März 1941

den 16.3.41

Mein lieber Mann!

Was magst Du jetzt wohl tun? Arbeitest Du oder hast Du einen freien Abend? Heute mittag werdet Ihr ja wohl eine Parade gehabt haben zur Gefallenenehrung. Wir hatten sogar in Godesberg eine mit Tanks, Kanonen, Spähwagen und allem möglichen. Klaus war begeistert. Helga fand einige alte Herren, die ihre Uniformen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg anhatten, besonders schön und von diesen wieder einen Kürassier in weiß und silber. Das Wetter war herrlich und warm.

Ich selber habe dann den Nachmittag gelesen, und die Kinder haben sich müde getobt. Jürgen stand an unserem Schlafzimmerfenster im Wagen, und als wir raufkamen, hatte er die ganze Tapete, so weit er sie erreichen konnte, abgerissen. Und wir haben uns auch noch alle gefreut, denn es zeigt, dass er aus einem kleinen Baby ein kleiner Junge wird, der sich beschäftigen will.

Morgen fahren die Mu und ich nach Köln zu Ottos.

Ich freue mich so sehr auf Deinen zweiten brief. Du musst jetzt oft schreiben, denn wenn es zum Sommer geht, werde ich, wenn Du nicht schreibst, mehr Sorgen um Dich haben. Es können, wenn Du keine Zeit hast, auch nur ein paar Worte sein. Ich denke so viel an Dich, an Dein Leben dort und ob Du froh oder traurig bist.

den 18.3.41

Du hüllst Dich in Schweigen. Ich lege Dir heute allerlei Post bei.

1. Den Brief vom Brocke
2. Eine Aufstellung, was Reiffs von uns bekommen haben. Frau Reiff zahlt nicht mehr. Hattest Du mal was bekommen, was Du nicht aufgeschrieben hast oder soll ich mahnen?
3. Einen Brief eines Kameraden.
4. Das Gutachten der Stadt Wuppertal.

Ich war heute auf dem Amt und abe mir die Kosten für die Wurzerstraße ausrechnen lassen. Auf jeden entfallen ca. 30.- bis 35.- Mk. Was wird das ein Getobe geben, wenn sie zahlen sollen.

Gestern war ich mit Mu bei Ottos. Morgens sind wir in der Stadt gewesen. Mit dem Stapelhans ist es halb so wild, bloß der Dachstuhl ist abgebrannt, und das noch nicht einmal so, dass man es von weitem sieht. Es ist wie immer. Jeder erzählt tolle Sachen.

Wir haben uns Geschäfte angesehen, mit übrigens immer tolleren Preisen. Wenn Du Schuhe für mich erwischen kannst, dann nach Möglichkeit Reptil, wenn's nicht zu teuer ist.

Das sind dann noch bestimmt gute Schuhe. Denn die neuen Lederschuhe in Holland sind sicher auch schon Murks.

abends

Heute nachmittag war Frau Wolframm zum Tee da. Es war doch ganz nett, aber auch amüsant, wenn man einen Blick dafür hat. Ich hatte einen sehr hübschen Teetisch gerichtet mit dem Samowar und Zigaretten.

Jetzt beginnt langsam die Zeit des Hausputzes. Im Kinderzimmer haben wir schon angefangen. Da meine Küchengardinen auseinanderfallen, habe ich heute welche beantragt. Es ist mir ein dicker roter Strich durch den Antrag gemacht worden, weil Gardinen überhaupt nicht mehr bewilligt werden, nur bei Bombenschäden.

Nun mache ich diesen Brief fertig. Lange genug liegt er schon herum. Sehr schön ist er nicht, ich hatte nie Zeit, mich zu konzentrieren und habe immer nur zwischendurch geschrieben. Aber gedacht an Dich habe ich schöner und lieber, als dieser Brief geschrieben ist.
Deine Lotti

Wie soll ich noch schreiben, wenn ich nach Elberfeld die 1000.- Mk Anzahlung schicke. Due brauchst es mir nur sinngemäß mitteilen, nicht ausführlich.

Ottos lassen Dich auch herzlich grüßen. Schreib ihnen mal. Sie wollten Deine Feldpostnummer haben, ich habe es zum Schluß aber vergessen.

Ich habe noch nichts wieder von Dir gehört.