Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 28. März 1941
den 28.3.41
Mein liebster Harald,
eben kamen die Schuhe an. Vielen, vielen Dank. Die passen sehr gut und sind auch sehr hübsch. Schwarze Schuhe waren insofern praktisch, als meine alten schwarzen, die ich meistens anhatte, fast erledigt sind. Ich mache für den Sommer weißes Schnürband mit schwarz-weißen Klunkern rein, dann sehen sie zum schwarz-weißen Kleid elegant aus. Heute morgen kamen auch zwei Briefe von Dir, und ich muss sagen, dass ich mich über einen Brief noch mehr freue als über ein Paket. Womit ich nicht gesagt haben will, dass ich nicht sehr gerne Pakete bekomme.
Ich will Dir dreissig Mark schicken, sobald die 500.- Mk. oder der Familienunterhalt eingegangen sind. Zuerst wird wohl der Familienunterhalt kommen, denn Klemmer erzählte mir heute, der neue Käufer sei, durch einen alten Onkel in Godesberg angestachelt, gegen den Kaufpreis angegangen. Die Prüfung durch die Preisstopbehörde ist aber nun erledigt und dann wird das Geld nun endlich wohl im Laufe nächster Woche kommen.
Ist Anneliese Uhlig nett? Oder verlieren die Filmschauspielerinnen im Tageslicht? Ich habe im vergangenen Herbst einen sehr netten Film mit ihr in der Hauptrolle gesehen: Herz ohne Heimat.
Ja, und die Freude mit Jugoslawien war ja nun ein bisschen verfrüht. Es ist, als ob bei uns ein Hausverkauf glücklich durch alles durch ist, und nun wird im Landratsamt zu guter Letzt die Sache vereitelt. Aber der Führer wird ja wohl nun nicht mehr lange fackeln und einmarschieren.
Jetzt wirst Du acht Tage lang mit der Hand geschriebene Briefe bekommen. An der Maschine ist etwas kaputt. Die Länge meiner Briefe wird ja wohl darunter leiden, aber Du wirst mit meiner Schrift auch wohl genauso lange dran zu tun haben.
Hör mal, wenn Du für das Geld noch einmal ein Paar Schuhe für mich bekämst, das wäre schön. Wann der Krieg noch länger dauert, werden ja wohl Schuhe das trübste Kapitel sein. Heute steht in
der Zeitung, dass auch Schuhe mit Holzsohlen bezugsscheinpflichtig sind. Und wenn man auf die erst angewiesen ist...Du weißt ja, wie schnell die hin sind. Es kann nun ruhig ein farbiger Schuh sein.
den 29.3..41
Ich habe eben die Brief an Engels in Partenkirchen abgesandt. Ich hatte Dir einen Durchschlag meines Briefes an Wise mitgeschickt. Meinst Du, daß daraufhin die Stadt wartet, bis die Engelsche Antwort eingegangen ist? Oder kann sie, weil der 3.6. vor der Türe steht, zustimmen ohne die schriftliche Erklärung des Partenkirchners? Oder wartet die Stadt die paar Tage noch? Ach, sone Frau ist doch iel dümmer als mein Mann. Was der mit einem Schlag übersieht, fällt uns hinereinander ein. Das ist wohl auch der grund, warum, wenn Frauen eine Angelegenheit mit Behörden duchfechten, alle Welt in bewegung setzen und ihr ganzes Leben dann von so einer Sache durchsetzt ist.
Heute morgen bekam ich vom Zigarettenbilderdienst die Malereien des Barock. Entzückend. Da habe ich für den ganzen Sonntag eine Freude. Die Bilder haben dasselbe schöne Format wie die anderen. Viele Holländer sind dabei.
Ich mache jetzt Schluß, damit der Brief noch um 12 Uhr im Kasten ist. Außerdem muß heute morgen noch ein Kuchen gebacken werden. Es ist doch wunderbar, dass Feldpostbriefe kein Porto kosten. So kann man am laufenden Band schreiben.
100000 Küsse, viele Sonntagsküsse.
Deine Lotti