Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 9. April 1941
den 9.4.41
Mein lieber Mann!
Das geht mal wieder wie im vorigen Jahr. Was haben wir für herrliche Truppen. Wir haben die Sondermeldungen im Radio während des Kaffeetrinkens gehört. Und in Nordafrika geht es genauso schön vorwärts. Ich bin ganz begeistert und kann Euch verstehen, dass Ihr Euch im Hintertreffen vorkommt. Aber ihr seid dorthin gestellt.
Ich habe immer Deine Post bekommen und habe mih genau sso jeden Tag darüber gefreut wie Du auch.
Hast Du das Geld bekommen? Mittlerweile wird wohl auch das Osterpäckchen gekommen sein. Ich glaube, das Buch ist eine hübsche Entspannung. Die Geschichte war seinerzeit in der Rheinisch-Westfälischen Zeitung abgedruckt.
Ich habe nun viel Arbeit vor, und der Rundfunk meldet in Kürze weitere Sondermeldungen. Also bleibe ich hier und schreibe währenddessen an Dich.
Übrigens, ich bin doch ein Kamel. Engels-Partenkirchen hatte schon am 31. März zugestimmt. Ich hatte die Karte bekommen, da aber kein Absender draufstand, der vorname nur mit einem Buchstaben angegebben war und die Schrift der des Godesberger Engels so verzweifelt ähnlich sieht, gemeint, es sei dieser. Der hatte noch keine schriftliche Erklärung abgegeben, wollte es aber tun. Heute entdecke ich, als ich mahnen wollte, die Sache. Es schadet aber nichs,, denn die Stadt wartet bis Mitte April und ich habe heute morgen sofort an Karte an Weil abgeschhickt. Nun wird es ja gut sein. Bin ich nicht ein Schaf?
Du fragst nach unserer Einquartierung. Er wohnt wirklich in Annelieses Zimmer, und zu der damaligen Schilderung muss ich noch sagen, dass er etwas aussieht wie Willi Forst, abends in ledernen Hausschuhen und einer weißen Jacke bei uns sitzt und nicht raucht. Jetzt bist Du ganz im Bilde.
Eine Sondermeldung: Saloniki ist genommen. Das geht ja wie der Deubel. Ich hatte der Mu noch vor ein paar Minuten gesagt, dass wir wohl versuchen würden, die griechische Ecke dort abzuschneiden, und nun ist es schon passiert. Harald, Harald, es ist zu toll.
Ich habe eine Pechsträhne. Gestern morgen gaben wir der Anneliese 20.- Mk., um Brot zu holen, sie gab das Geld der Heidi, und die hat es prompt verloren. Heute will ich ein Buch bei Linz abgeben, hole mir noch im Vor
raum der Sparkasse die Auszüge und lege das Buch auf den kleinen Absatz. Mit mir waren zwei halbwüchsige Bengel im Raum. Die haben es, wie ich mich umdrehte, gestohlen. Ist das nicht ärgerlich? Schimpf nicht zu sehr, ich habe mich selber auch schon geärgert, aber dann habe ich mir gesagt, das das ja nicht durch Verschulden entstanden ist, sondern mehr ein doppelter Zufall war.
Gleich kommt wieder eine Sondermeldung. Vor mir auf dem Teppich spielen Helga und Heidi das lustige Skihäschenspiel mit viel Pfuscherei. Es dauert nicht mehr lange, dann fliegen die Fetzen, denn Heidi ist am Gewinnen.
Morgen ist Gründonnerstag. Wenn Du hier wärest, gingen wir bei dem schönen Wetter auf die Häschenwiesen. Nun werde ich es wohl, am Karfreitag mit den beidenn Grossen tun. Oder wir gehen in den marienforst. Helga hat heute Ferien bekommen. Zeugnisse gibt’s jetzt ja nur noch einmal im Jahr. Die können also den Ferienanfang unbeschwerter erwarten als wir damals.
Ich habe das große Jugoslawienheft, das Anfang 1939 von der "neuen Linie" herausgegeben wurde, wieder hervorgeholt. (Die „neue linie“: Lifestylezeitschrift in der Nachfolge des Bauhauses, wurde von den Nazis aus Prestigegründen fortgeführt, 1943 eingestellt.) Die Städte, die bei den Sondermeldungen durchgegeben werden, sind fast alle abgebildet. Üsküp z.B. ist eine mohammedanische Stadt. Die jungen Soldaten bekommen doch viel zu sehen. Wo mag Charly sein? - Nun kommt die Sondermeldung, Marburg (Maribor) ist genommen und Nisch. Wir gehen von allen Seiten rein.
Der Brief muss aufhören. Helga und Heidi wollen nicht ohne mich essen, und Anneliese hat frei. Wir habe heute abend Kettensalat.
Helga und Heidi lassen Dir ein Küsschen geben . Deine Lotti
Soeben habe ich meiner Einquartierung zwei Flaschen französischen Sekt abgekauft, Marke Pierlot, Reims 1933, die Flasche 2,50 Mk. Soll ich mehr nehmen? Oder ist er zu alt? Ich hebe ihn für uns auf.