Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 13. April 1941
den 13.4.41
Liebster Mann!
Es ist gleich zehn Uhr. Das Ostereiersuchen und das Kaffeetrinken ist vorbei, und Du sollst einen recht lieben Osterkuss haben, ehe Jürgen drankommt. Gestern und heute regnet es, und es ist gar kein Osterwetter. Aber hier im Zimmer ist alles sehr festlich. Anneliese, die jetzt bei den Kindern schläft, sagt, dass die Rangen seit fünf Uhr nicht mehr zu bändigen waren. Und mit welchem Hallo dann das Eiersuchen vor sich ging, weißt Du ja. Ich habe ihnen die Süßigkeiten weise zugeteilt und das ist sehr richtig. Denn jetzt ist schon nichts mehr da, und Klaus und Ursel (die beiden Großen sind mit Anneliese in der Kirche) laufen rum und versuchen, unsere Nester zu plündern.
Ich habe den Kaffeetisch so schön gemacht, damit ich Deinen Kuss verdiene. Alles war drauf, bunte Eier und Nestchen, Osterglocken und Bänder, Toast, Wurst und Käse. Wir haben im Biedermeierzimmer Kaffee getrunken. Unser Soldat war auch ganz begeistert und hell entzückt. Auch bei ihm war der Osterhase, für die Kinder hat er Bilderbücher, Halskettchen, ein Pferdchen und einen Ball mitgebracht.
(Eben kommt der Riesenschwung Post von Dir. Er muss erst gelesen werden. Es ist herrlich.)
Ich musste erst alles lesen. Vielen, vielen Dank. Ich bin froh, dass Du das Päckchen bekommen hast. Hoffentlich auch mittlerweile den Brief mit dem Geld? Deswegen bin ich ordentlich unruhig. Schreibe bitte deswegen sofort. Ich hatte gedacht, er sei am Gründonnerstag da, und Du könntest dann schön Ostern feiern. Und nun hat die Post einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Ich habe beinahe jeden Tag geschrieben, auch ohne Schreibmaschine. Aber natürlich wirst Du jetzt wieder besser dran sein. Kommt die Postsperre von Euch oder uns oder von beiden Seiten? Das wäre scheusslich.
Gefällt Dir das Buch? Waren die Ostereier noch gut? Soll ich Dir Zigaretten schicken? Ich bekomme von unserer Einquartierung alle paar Tage ein Päckchen, weil er nicht raucht. Anneliese kommt soeben mit einem entzückenden Strauß weißen Flieder, "weil sie sich über mein Osternest so gefreut hat".
Gestern abend haben wir sehr schön Ostern angefeiert, Omi Endemann hat drei Liter Bier spendiert. Ich habe geschlafen wie noch nie. Drei Kuchen haben wir ebenfalls gebacken. Es ist eben richtig Ostern.
Die Aufregung der Kinder hat sich noch nicht gelegt.
Eben kommt Dein Päckchen, das ich noch nicht aufgemacht habe, und ein Osterhasenbilderbuch von Trude Herkenrath.
Ich teile mir die Arbeit gleich so ein, dass ich das Osterkonzert um11.30 Uhr hören kann, Bach. Gluck und lauter Schönes. Hoffentlich sind dann wenigstens die Kinder anderswo.
Liebster, Du müsstest jetzt hier sein. In Gedanken lehne ich mich an Dich und Du hältst mich lieb. Ob wir das nächste Osterfest wieder zusammenferiern oder ob dann noch immer Krieg ist?
Jetzt wird der älteste Endemann mit dem jüngsten vertauscht. Jürgen muss seinen Brei be-kommen. Wenn ich irgendwie Zeit habe, schreibe ich heute nachmittag wieder. Ob es klappt, weiß ich noch nicht, denn Anneliese hat frei und ich muss mich mit den Fünf abgeben. Heute abend gehen wir vielleicht, weil es so regnet und nichts sonst unternommen werden kann, in den Fillm. Der Dr. Peters-Film mit Hans Albers läuft. Der wechselt jetzt vom jugendlichen Held langsam zum älteren Mann über.
Ich kann durch Herrn Schüler eine Flasche französischen Kognaks beziehen aus der Kantine, Hennessy. Ich hebe ihn dann für Dich auf:
Bis nachher, Liebster. Du bist den ganzen Tag bei mir. Ich küsse Dich. Deine Lotti.