Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 11. April 1941

                                                                                                                                                             Karfreitag

Lieber Mann,

eben kam Dein Brief und ich will ihn schnell beantworten. Du bist mir nicht böse, wenn ich erst mal dem Radio zuhöre. Ich habe es angestellt und die Matthäuspassion ist da. Leider sind die drei Kleinen bei mir.

------ Es hat keinen Zweck und ich schreibe Dir lieber. Die drei sind nicht zur Ruhe zu bringen. Es ist schade, dass alle die schönen Sachen immer nur morgens im Radio sind oder am Nachmittag und abends, wenn ich endlich Zeit habe, ist Murks.

Es tut mir leid, dass ich den Brief ohne Unterschrift abgeschickt habe. .Ich hatte nichts, garnichts gegen Dich. Es ist höchstwahrscheinlich so gekommen, dass ich mal wieder schnell abgerufen wurde und dann ganz schnell machen musste, dass der Brief in den Kasten kam und der Meinung war, er wäre fertig. Und dass ich nicht so albern bin, Dich, wenn ich was gegen Dich hätte, dadurch zu Triezen, dafür müsstest Du mich doch eigentlich kennen.

Ich werde Dir nunn auch die Bücher besorgen, denn Deine Gründe sehe ich ein. Du musst nur noch etwas warten bis die 500.- Mk. Eingegangen sind. Ich sitze ziemlich auf dem Trockenen, weil ich chon Anfang es Monats fest damit gerechnet hatte und deshalb Gummersbach und derlei Sachen schnell bezahlt hatte. Sobald ich etwas Geld habe, bekommst Du die Bücher sofort.

Ursel wollte gerade auf Jürgen reiten. Ich teile mich dreifach. Die Hände sind auf der Schreibmaschine, die Augen vor mir bei den Kindern und die Ohren links am Radio.

Im Grunde freue ich mich sehr darüber, dass Du den Doktor machen willst. Ich glaube, du hast aus dem Brief nur die materiellen Fragen rausgelesen. Und dann warst Du auch noch sehr müde und dann ist man sowieso schlechter Stimmung. Und da hast Du sicher den Brief ganz anderes aufgefasst wie er gemeint war.

Du müsstest dies lebendige Knäuel auf dem Teppich sehen. Jürgen gefällt es herrlich.

Eben kam Dein Paket an mich Ostereiern, Schokolade und Strümpfen. Ich freue mich sehr. Danke, besonders für die Strümpfe. Ursel hat sich angeboten, das Paket bis Ostern zu verwahren.

Manchmal bin ich wie vernagelt. Ich möchte Dir was Liebes schreiben,, was ich empfinde und finde nicht die richtigen Worte dafür. Wärst du hier, setzte ich mich auf Deinen Schoss und hielte Dich lieb. Überhaupt darf ich manchmal garnicht daran denken, wie lange es noch dauern

bis Du wieder auf urlaub kommst. Der Gedanke, dass es hundertausenden genau so geht, ist dann garkein Trost. Lieber, Lieber.

Gestern abend hatten wir hier Alarm. Es ist kaum geschossen worden, aber eine Stunde lang brummten sie über uns weg. Anschliessend hat Jürgen mich dann noch zweimal aus dem Schlaf geholt, weil er Zähnchen bekommt. Es war so niedllich, wie der gute kleine Kerl sich dann in der Wärme bei mir beruhigte und dann vor sich hinbrabbelte. Meine Söhne. Was wird au ihnen werden?

Ach, Harald es ist so feiertagglich. Der Himmel ist leicht bedeckt, manchmal bricht die Sonne durch. Es ist so recht ein Tag, um heute nachmittag irgendwo in die Felder zu gehen. Wenn ich mit meinen beiden Grossen losziehe, bist Du mit dabei.

Die beiden Söhne schlafen nebeneinander auf dem Teppich ein. Ursel rekognoziert das Haus.

Feiere so gut wie es geht Dein Osterfest und denke lieb an mich.               Dein Lotting.