Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 20. April 1941
den 20.4.41
Lieber Harald,
Ich sitze hier bei den Klängen des Geburtstagsständchens für den Führer. Gestern abend wurde aus dem Briefschreiben nichts mehr, weil Gudrun zu Besuch kam. Sie geht am 1. Mai nach Essen. Es war ein reizender Abend; Das hat mich dann auch ausgesöhnt, dass die Mutter vor ihrem Kommen einfach über den von mir gekauften Sekt verfügt hatte und Herrn Schüler dazu eingeladen hatte. So war es anfangs nicht gedacht, ich hatte die drei Flaschen eigens für uns beide gekauft, mehr kann ich nicht kriegen. Die sollen nun nicht einfach weggetrunken werden, und dazu noch, wenn man mich einfach, ohne zu fragen, vor die vollendete Tatsache stellt.
Sonst geht es mit Mutter augenblicklich ganz gut. Sie ist guter Laune. Vor Ostern war es so schlimm, dass ich fast platzte. Ich kann ihr auch nichts sagen wegen ihres Herzens. Aber am Ostersamstag war ich so randvoll, dass ich in aller Ruhe erklärte, ich dächte daran auszuziehen, denn ich könne das nicht mehr mitmachen.
Ich bin ganz ruhig dabei geblieben, trotzdem ich innerlich kochte. Und was glaubst Du? Ich dachte, nun ist der Ofen ganz aus und wagte mich nicht mehr in ihre Nähe, und nach zehn Minuten war sie die reizendste Omi, spendierte aus diesem Grund abends die drei Liter Bier und war Ostern so nett, anerkannte, was ich tat, und alles verlief in Harmonie. Es wirkt jetzt noch nach.
Es ist doch gut, dass der Osterbrief nun da ist. Wenn Du nun Ostern ohne Post gesessen hast, ist es nicht meine Schulld. Ich habe es gut gemeint. Du musst, wenn mal ein paar Tage oder zu einer Gelegenheit keine Post da ist, nicht denken, dass ich es vergessen habe. Es ist dann bestimmt die Feldpost. Übrigens habe ich Dir, lieber Pappi in irgendeinem Brief geschrieben, dass die neue Lampe ein Geburtstagsgeschenk der Kränzchendamen für Omi Hechtle ist und leihweise bei uns steht. Schreibe ich zu lange Briefe, Du oller, lieber Pappi?
Die Kinder sind wieder fast gesund, jetzt ist die große Schwierigkeit, sie im Bett zu halten. Ich spürte durch die letzten vierzehn Tage und durch die Aufregung gestern, als Heinzens Brief kam, wieder sehr mein Herz. Ich rege mich bei jeder Gelegenheit zu sehr auf. Ich bin auf jeden Fall sehr froh.
Ich hatte gestern so viel auf dem Herzen, was ich Dir schreiben wollte und heute bin ich wieder gehandicapt durch die vielen Anforderungen, die von allen Seiten an mich gestellt sind. Ich komme deshalb nicht zur richtigen Konzentration. Es ist doch nicht schön, dass die Möglichkeit zu einem, wenn auch nur kurzen persönlichen Sehen und die Nähe des anderen fehlt.
Es tut mir leid, dass der Brief nicht schöner ist, aber ich habe keine ruhe, weil gleich das Essen aufgetragen wird und alle Teller zurechtgemacht werden müssen.
Schnell noch was Geschäftliches: Weil schreibt, dass die Stadt eine Entscheidung wegen der Entlastungstrasse haben will und zwar sofort. Was soll ich schreiben? Engels ist für ein paar Tage im Johanniterkrankenhaus, Du kannst auch nicht entscheiden (ist nicht mehr drin, aber spazieren). Und dann müssen jett ausser den Steuern auch die Beiträge für den Reichsnährstand bezahlt werden. Hast Du Hildebrand gesprochen?
Herzliche Grüsse und Küsse Deine Lotti