Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 7. Mai 1941
den 7.5.41
Liebster Mann!
Heute nachmittag war Herr Engels aus Garmisch-Partenkirchen bei mir, um sich über die Angelegenheit Otto-Hausmannring zu informieren. Er lässt Dich herzlich grüssen. Ich habe ihm gesagt, dass 1500,-Mk. angezahlt seien. Mit v. Brockes Forderung von 500.- Mk. ist er einverstanden, nur habe ich den anderen Engels noch nicht gefragt. Ich habe an Wiel schon 200, - Mk. überwiesen
Im übrigen weiß ich nicht viel Neues. Fräulein Berg hat gezahlt für beide Monate, so dass ich da also nichts mehr zu machen brauche. Wittersheim hat am 5. April für April gezahlt.
Ich habe nun schon den dritten Tag keine Post von Dir, nur den Packen Briefe ohne Kommentar. Ich denke, daß morgen Post kommt.
Mutter gefällt es in Büderich sehr gut. Sie wird wohl noch ein paar Tage fortbleiben.
Denk mal, wie nett. Gestern habe ich im großen Büroschrank Hausputz gemacht, und da finde ich das niedliche Nestchen mit Ostereiern. Das hatte ich seinerzeit da hineingestellt. Nun schmecken die Eierchen doppelt.
Im übrigen, es war kalt, es ist kalt und es wird wohl kalt bleiben, Das scheinen mir die Aussichten für diesen Sommer zu sein. Ich laufe immer noch im hamstergefütterten Mantel herum und kann mmich noch nicht mal zum Jackenkleid entschliessen. Nur heute nachmittag habe ich es angehabt, aber als ich in die Stadt ging, habe ich sofort den Mantel drübergezogen.
Gestern nachmittag war Kränzchen. Frau Stein, die nun ein Pflichtmädchen hat, war auch wieder dabei. Sie wird aber immer nervöser und von einer Aufgeregtheit beim Sprechen, dass es beinahe angreifend ist. Die Lebhafteste im Sprechen, aber die Ruhigste im Wesen ist Frau Holtmann. Sie hat eine Leidenschaft und das ist das Essen. Sie wollte sich mal kasteien, weil sie etwas pummelig ist, aber sie sagte sich dann, meinte sie: "So eine alte Tucke braucht keine Linie mehr zu haben“ und jetzt isst sie, was ihr schmeckt. Aber sonst ist es immer sehr nett.
Freitag nachmittag gehe ich mit Frau Hillenbrand in den Rühmann-Film ´Hauptsache – glücklich´. Der Ohm-Krügerfilm war schrecklich. Manchmal ein bisschen sehr Tendenz und Schwarz-Weißzeichnung, aber dafür ist es ja gedreht worden.
Wenn ich bloß wüsste, wie lange der Krieg dauert. Dann hätte ich wahrhaftig Lust, die beiden Wohnzimmer ins Parterre zu verlegen, unser Schlafzimmer und ein Kinderzimmer in den ersten Stock. Dann hörte ein Großteil der Laufereien auf.
Aber für kurze Zeit lohnt sich das nicht. Ich würde die beiden Zimmer genauso einrichten wie hier oben und das jetzige Bürowohnzimmer weiter als Aufenthalts- Näh- und Esszimmer für die Kinder nehmen. Was meinst Du?
Gestern haben wir ein Paket an Hansi abgeschickt, weil sie Geburtstag hat. Und Dienstag hat unsere lütte Ursel ihren Geburtstag.
Der Krieg dehnt sich ja nun immer weiter nach dem Osten aus, und vielleicht kommt jetzt auch noch Indien dran. Glaubst Du an ein Ende in diesem Sommer?
Das Zimmer sieht im Abendsonnenschein so friedlich aus. Es ist doch ein hübscher Raum. Und ich werde helfen, die Kinder ins Bett zu bringen. Unten hat sich schon allgemeines Geschrei erhoben. Beate und Lilli Linde sind zum Helfen ebenfalls gekommen. Frau Linde will mir Beate ins Pflichtjahr geben. Ich hatte abgelehnt, weil ich die 10,- Mk., die ein Pflichtjahrmädchen haben muss, nicht zahlen kann. Nun will sie es so tun, aber ich wage noch nicht ja zu sagen, weil das Essen und die Kassen immerhin dazu kommen. Beate möchte sich am liebsten um die Kinder kümmern. Aber ich habe keinen richtigen Mut, weil ich sozusagen , und weil die Lage ja schliesslich danach ist,, ein Pfennigfuchser werde.
Ursel kommt ins Zimmer. Sie sieht in ihrer Trainingshose wie ein Holländer aus. Jetzt be-kommt jedes, wenn alle schnell ins Bett gehen, ein Osterei.
Und Dir sage ich für heute gute Nacht. Ich will sehen, dass ich heute abend an Heinz Schilling schreibe und mich für die Azalee bedanke.
Ich grüße und küsse Dich herzlich. Deine Lotti