den 15.8.41

Mein lieber, lieber, lieber Harald,

nun bin ich zu Hause. Es ist fast elf Uhr, aber ich kann nicht ins Bett gehen, ohne Dir zu schreiben. Mir ist so jämmerlich zumute, und ich habe so Heimweh nach dir. Gedanklich bin ich immer noch in Husum, war es die ganze Fahrt über und kann nun nicht ins Bett finden. Ich würde ja wohl gerne reingehen und da weinen, aber da ist ja die Mu mit im Zimmer.

Ich kann sonst nicht viel schreiben, denn ich könnte immer wieder nur dasselbe wiederholen, dass ich unglaubliches Heimweh nach Dir habe und dass ich Dich so liebe, wie ich es kaum empfunden habe. Während der Fahrt habe ich nur an die vergangenen drei Wochen gedacht und habe mir jeden Spaziergang, jedes Gespräch und jede Deiner Liebkosungen vorgestellt. Und heute abend lege ich mir den Band Stormscher Novellen neben das Bett, denn darin ist Husum. Ich bin wie ein Backfisch und muss irgendetwas haben,, was ich unter mein Kopfkissen legen kann, damit ich einschlafe.

Helga, Heidi und Klaus haben sich doll gefreut (die beiden Kleinen schliefen schon), als ich kam. Die Mu freute sich auf ihre Art, fragte kaum nach meinen Husumer Erlebnissen und erzählte mir ihre Hausaffären und ihre bevorstehende Reise nach Stettin.

Morgen schreibe ich ausführlich. Du sollst nur heute abend noch diesen Gruss haben. Ist es möglich, dass wir uns heute morgen so innig geküsst haben und heute abend sind wir so unendlich weit voneinander fort, dass keiner zum anderen kann? Und trotzdem bleiben diese drei Wochen für uns ein Schatz, den uns nichts mehr nehmen kann, es möge da kommen, was will.

Ich küsse Dich. Eine, Deine Lotti.

Omi Hechtle grüßt Dich schön.