Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 20. Oktober 1941
den 20.10.41
Lieber Mann!
Heute sind es in der Hauptsache zwei Fragen sachlicher Art, die ich stelle und worin ich Deinen Rat brauche.
1. Weil war hier und wollte mir die Verwaltung seines Hauses in der Bahnhofstrasse übertragen. Er meint, die Verwaltung bringe 71/2% im Monat also 25.- bis 30.- Mk., Arbeit wäre garkeine ausser der Steuerzahlung. Das Geld käme auf ein Sonderkonto, da er es ja nicht haben dürfe. Die Übertragung müsse notariell gemacht werden. Er wird in den nächsten vier Wochen wegkommen nach polen wie alle. Ich habe ja nun die Verwaltung seines Bruders von der Gestapo aus. Kann ich diese dazu übernehmen oder soll ich die Gestapo fragen weil es ja Privateigentum ist, oder willst Du sie fragen oder wie macht man es? Oder garnicht? Der Verdienst wäre ja sehr schön. Bitte, schreibe schnell darüber. Auf jeden Fall möchte sich gesichert sein.
2. Heute war ich bei Dr. Monar, weil Helga mir nicht gefällt. Sie ist so blass. Er hat auch ihren Bauch untersucht, weil sie ja schon seit Jahren oft über Magenschmerzen klagt und meint, es sei eine schleichende Blinddarmsache und ist dafür, ihn prophylaktisch rauszunehmen, weil er meint, dass es sonst vielleicht Verwachsungen oder Drüsensachen gäbe. Man sei heute dafür, nicht erst zu warten, bis eine Notoperation gemacht werden müsse. Bist Du dafür? Es soll dann sofort, wenn der Ausschlag, den sie im Gesicht hat, heil ist, gemacht werden.
Und sonst weiß ich nicht viel. Wir haben alle einen leicht verstimmten Magen, einschließlich Jürgen, warten auf die Kartoffeln, leihen uns in der Zeit welche, putzen unser Haus, hauen oder streicheln die Kinder und leben so unser Leben weiter. Vielleicht schreibe ich heute abend weiter. Ich weiß wirklich nichts und oder bin so vernagelt im Kopf, dass ich nichts finde.
Deine Lotti.