Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 8. Februar 1942
den 8.2.42
Liebster Harald!
Zur Sache Fitschen: Untermieter können nach den neuesten Verfügungen auch nicht mehr gekündigt werden. Ich habe die Verfügung heute in Luchterhand bekommen. Also muss die Parterrewohnung allein vermietet werden.
Dazu lese ich soeben in der Zeitung, dass der Landrat eine Verfügung erlassen hat, dass jede gekündigte Wohnung bis 100.- Mk. der Ortspolizeibehörde zu melden ist und erst dann vermietet werden darf, wenn diese die Wohnung nicht beansprucht. Dann brauche ich mich also garnichtmehr um Mieter zu bemühen. Sol ich dann Möller abstoppen, ehe das grosse Kosten gibt?
Frau Fitschen wird ja wohl Kopf stehen.
Weiter steht heute in der Zeitung, dass Bürgermeister Alef die ganzen Anlagen der Stadt in Kartoffelfelder umwandeln lässt, auch den Adolf-Hitlerplatz.
Du wirst Godesberg also immer verwandelter sehen, immer kriegsmäßiger. Langsam wird auch die Heimat so vom Krieg durchdrungen, dass man ihn keine Minute vergisst. Thea schrieb heute, dass Stettin Licht sparen muss. Es dürfen nur noch 80 % des Verbrauchs gebrannt werden, und was man darüber brennt, muss man mit 1,- Mk. pro Kilowatt berappen.
Den Krieg vergisst man eigentlich nur bei der Mu im Krankenhaus, dort ist noch alles hell, warm und schön wie immer und die Verpflegung genauso schön wie früher und in unserem Kinderzimmer, wenn alle fünf so vergnügt sind. Das Osterhasenwunderland haben wir jetzt durch, jetzt werden Andersens Märchen vorgelesen, und die begeistertsten Zuhörer sind Heidi und Klaus. Helga kennt ja alles, und Ursel hat zu viel eigene Meinungen dazwischen und kegelt alle Erzählungen in ihrem Geist durcheinander.
Jetzt hilft uns seit drei Tagen Anneliese Degen nachmittags, aber das ist schon eine große Erleichterung, denn sie kann wenigstens das gründliche Putzen übernehmen. Aber, Pappi, sie zusätzlich zu unserer Anneliese zu nehmen, wäre wohl nicht gegangen, denn sie bekommt in der Stunde 60 Pf. Und nun rechne Dir aus, was das kostet, wenn sie jeden Nachmittag vier Stunden käme. Ich muss jetzt schon stoppen, wenn sie mich über 30.- Mk. kostet. Ich glaube, zwei Stunden jeden Nachmittag kommt aber aus. Frau Hillenbrand wird immer 50.- bis 60.- Mk. an sie los.
Die Mu ist wieder obenauf und fieberfrei. Sie hat diesmal auch guten Appetit. Sie ist voller Tatfreude und Pläne, und das bringt wieder neues Leben, und darauf freue ich mich wieder.
Klemmers Schwiegersohn, Dr. Arenz, ist jetzt auch in Russland.
Die Leute sind von Köln aus in Lastwagen vierzehn Tage lang hintransportiert worden. Ich finde, wenn man solche Sachen hört, muss man ganz schön still sein, denn bis jetzt hat uns der Krieg noch nicht so hergenommen wie viele andere.
Hast Du an sie geschrieben wegen der Verrechnung der 500.- Mk.? Ich glaube, daß er es schon auf eigene Faust getan hat, denn er schrieb doch, soviel ich weiß „Dein Einverständnis voraussetzend“. Ich könnte sie ihm ja später überweisen. Deine Lotti