Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 6. März 1942
den 6.3.42
Liebster Harald!
lch finde es sehr nett von Dir, dass Du mir, auch wenn Du keine Zeit hast, wenigstens ein paar Worte schreibst und wie Du siehst, revanchiere ich mich sofort.
Dass Du es so mies getroffen hast, finde ich traurig. Lasse Dich aber nur nicht aus der Fassung bringen, auch, wenn die Leute noch so krappig sind, krappig werden nämlich so langsam sehr viele, schon allein das ständige Magererwerden nimmt ihnen die Gemütsruhe. (Wobei ich einschalten kann, dass ich, glaube ich, noch wieder schlanker geworden bin, ich höre es von allen Seiten. Aber als Frau beglückt es einen ja, das zu hören).
Unser Jürglein liegt oben in seinem Bettchen und fiebert ziemlich stark. Er ist so ein lieber kleiner Kerl. Dr. Schampel hat ihn verbunden, weil Dr. Monar verreist ist (nicht zur Erholung, nur zu einem Sterbefall ). Ursel ist wieder obenauf, die Tropfen haben sehr gut geholfen, aber im Bett muss sie noch bleiben.
Dein Rum ist heute angekommen, prima in Verpackung und bestimmt auch im Inhalt. Ich freue mich sehr und Du bekommst einen lieben Kuss. Draußen schneit es mal wieder feste, und der verflixte Schnee bleibt obendrein noch liegen.
Und immer wieder muss ich sagen, ich bin heilfroh, dass die Mu da ist. Schultzens schreiben ebensolche Jammerbriefe hinter ihr her. Sie tigert den ganzen Tag zwischen Speicher und Keller rum, immer mit dem Bestreben, es soll alles 'schön' sein. Dies Gefühl, irgendwas im Haus 'schön' zu machen, erfüllt sie mit solcher Befriedigung, dass sie darüber die Mühsal der Arbeit vergisst oder garnicht merkt. Dadurch kommt aber eben diese gemütliche Stimmung auf. Und ebenso isst sie gerne und gibt sich nicht gerne mit Notlösungen zufrieden, und deshalb fällt ihr auch immer noch was ein, womit das Essen mit den vorhandenen Mitteln abwechslungsreicher gemacht wird. Dr. Schampel sagte heute: Ihre Mutter ist prima. Die Mutter ist auch glücklich, weil auch sie sich an der Stimmung hochrankt.
27 Pfund Steckrüben haben wir heute für diese Woche bekommen. Wie verarbeiten wir die bloß???????
Die Kinder werden gebadet, und Jürgen kriegt eine Zitrone. Ich küsse Dich lieb du denke sehr viel an Dich.
Ist eigentlich kein Arbeitsurlaub unter all diesen Bedingungen möglich? Was mache ich mit Weil? Din Lött