Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 27. März 1942
den 27.3.42
Liebster Mann!
Heute wird es nicht viel mit dem Schreiben. Ich habe dolle Arbeit, denn das Haus muss vor der Ankunft der Neuen in Ordnung sein.
Alle sind gesund. Jürgen wird sogar wieder frech. Gestern nacht habe ich einen tüchtigen Zusammenstoß mit ihm gehabt, weil er nicht weiterschlafen wollte. Er hat vor Wut gegen die Matratze getrampelt, dass ich das durch zwei geschlossene Türen gehört habe.
Ursel hat uns gestern einen dollen Schreck eingejagt. Plötzlich schrie sie auf der Straße und trat gegen die Haustüre, und als wir hinstürzten, konnte sie nur stammeln: "Klaus ist in den Keller gefallen". Das Kohlenkellerfenster war nämlich auf, weil der Schreiner die Stützen für den Luftschutzkeller dadurch geschoben hatte. Wir rasten in den Keller und fanden den Sohn nicht. Als wir wieder raufkamen, kam er uns mit den Händen in den Taschen entgegen: "Et hat mir jarnit wiejedonn." Er war allein aus dem Loch wieder rausgekrabbelt.
Sonntag essen wir mit allen Kindern bei der Wehrmacht, teils, m unser Essen zu sparen, teils, um den Kindern eine Freude zu machen.
Übrigens. habe ich meine Raucherkarten wieder. Biederbicks hatten sie doch, und Heidi hatte recht, als sie sagte, der junge Biederbick hätte sie ihr nicht wiedergegeben. Er wusste von nichts mehr, aber Fräulein Himpken hatte sie beim Nachsehen der alten Biederbickschen Karten gefunden. Das Komische ist nur, dass alle Abschnitte abgetrennt sind, also musste doch B. wissen, dass sie bei ihnen waren. Aber jetzt werden sie mir auf die Karten bestimmt nicht die mir zustehende Menge geben. In der Beziehung sind sie kniestig, aber dass sie sie haben, bewies ja Frau Biederbicks Tauschgelüst.
Gestern und heute habe ich keine Post von Dir bekommen, desto schöner wird es dann hoffentlich morgen sein.
Viele Küsse Deine Lotti.