Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 28. März 1942
Den 28.3.42
Liebster Mann,
der Brief kann heute nur kurz werden, trotzdem es Samstag Nachmittag ist. Aber weil so einen halben Hausputz haben, habe ich auch heute Mittag noch alle Hände voll zu tun und schreibe Dir nur raschen zwischen dem Einbohnern und dem Kaffetrinken.
Das, worauf es mir heute besonders ankommt und was mir viel Sorge macht, ist die Abgabe der Einkommensteuererklärungen. Ich habe wegen unserer geschrieben, dass das Finanzamt sich gedulden solle, bis Du Urlaub bekommst aber was mache ich mit der Einkommensteuererklärung der jüdischen Verwaltungen? Ich glaube nicht, dass die Steuerbehörde mit deren Abgabe solange wartet und ich habe Angst, dass dadurch Unstimmigkeiten kommen, denn ich kann die Erklärung nicht machen, das ist ausgeschlossen. Du hast ja geschrieben, dass Urlaubssperre ist, aber ist es nicht möglich, wenigstens ein paar Tage Urlaub zu bekommen, nur um die Erklärungen fertig zu machen? Vorbereitet soweit ist ja alles, aber machen kann ich sie unter keinen Umständen. Und warten tut das Finanzamt ja nur beiden eigenen Steuererkärungen der Einberufenen.
Und dann wäre doch dringend die Sache mit der Engelschen Grundstückabtretung zu Ende zu bringen Ich hatte Dir ja heute morgen den Brief der Stadt Wuppertal geschickt, aber jetzt müssten zwischen der Stadt und Dir als Verwalter mal Nägel mit Köppen gemacht werden. Frau Engels sagt mir immer nur, schreiben Sie das Ihrem Mann, ich verstehe das nicht so und die Garmischer ebenfalls. Sieh mal, das könnte dann doch in einem gemacht werden, denn eine Entscheidung muss da jetzt getroffen werden.
Ach, Pappi, manchmal möchte ich den ganzen Verwaltungskram zum Deubel schicken, dann ist mir, als ob alles über den Kopf wächst und besonders jetzt in der langen Zeit, wo im Haus so ziemlich das Äusserste von mir verlangt wurde und immer
Wieder neue Zwischenfälle kamen mit Krankheiten und so habe ich bald zuviel gekriegt. Dadurch, weil doch in diesen drei Monaten die Belastung im Haus zu gross für mich war, sind sämtliche Verwaltungsarbeiten ein bisschen (manchmal ein bisschen viel) in Rückstand gekommen und ich brauchte Dich so schrecklich nötig, damit Du alles wieder mal gründlich zurechtrückst, damit ich dann wieder weiter kann. Und bei jeder ist irgendeine Sache, die ich nicht erledigen kann und mit der ich warte, bis Du kommst. Z.B. bei der Verwaltung Holbach und besonders bei der mit Fitschen. Da wälzen sich überhaupt noch einige Esel und ich hatte schon gemeint, ich wäre mit dem Gröbsten durch. Mir scheint, dass wir da an einem Prozess nicht vorbeikommen werden.
Wäre es nicht möglich, dass Du wenigstens ein paar Tage Urlaub bekommst. Die Abgabe der Steuererklärungen drückt mich förmlich, denn das ist das Wichtigste. Bitte, bitte, schreib mir, ob eine Möglichkeit besteht.
Und nun habe ich die ganze Zeit von dem Quatsch geschrieben, aber er liegt mir so am Herzen und belastet mich gedanklich so. Und dieser Brief muss nun auch in den Kasten. Ich mache unten das Esszimmer fertig (bitte, ich habe den grossen Teppich allein geklopft und alle Böden gescheuert trotz des schlimmen Fingers) und dann muss das Abendessen für die Fünf bemacht werden. Sie sind heute Nachmittag im Hänneschentheater blos Ursel und Jürgen sind hier. Ursel ist bei Biggi und Jürgen sitzt im Bettchen. Schwester Erna war heute hier und hat sich die Wunde angesehen und meint, sie sähe doch gut aus. Nächsten Donnerstag werden es schon vier Wochen, seit er sich verbrannt hat, aber ich bin froh, dass er wieder übermütig ist. Und zum Schluss werden alle gebadet und dann habe ich mein Teil für heute getan. Und dann rauche ich eine Zigarette und lese im Reich und habe einen schönen Samstagabend und dabei denke ich auch an Dich.
Din Lött.
(Brief von Helga)
Lieber Pappi
Ein fröhliches Osterfest wünscht Dir Deine Helga. Wie ich heute in der Schule war, da sagt unser Fräulein: Wie soll ich euch in den Aprill schicken da wusste ich schon was los war denn am 1. Aprill hat sie Geburtstag und das ist morgen. Ein Kind schrie: Was haben wir auf. Da sagte unser Fräulein: das wirst Du gleich erfaren. Dann sagte sie auf und als wir aufgestanden waren sagte sie jetzt will ich Euch sagen was ihr aufhabt also ihr habt für morgen nig auf. Mutti geht es sehr gut eigentlich uns allen nur Oma Endemann ist manchmal etwas schlecht gelaunt. Viele Ostergrüße Deine liebe kleine Helga