Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 6. April 1942
den 6.4.42
Liebster Mann!
Heute morgen wird es nur ein kurzer Gruß. Wir sind alle reichlich verkatert. Wir haben von halb eins bis halb sechs im Keller gesessen, und es war alles dran an diesem Alarm. Für so lange Sitzungen ist unser Keller doch noch reichlich kalt, und Jürgen hustet heute morgen auch. Helga und Heidi waren heute morgen erst um 11 mit Gewalt aus dem Bett zu kriegen, und dabei waren sie gestern noch, weil Ostern war und wir infolgedessen an Alarm nicht glaubten, bis 10 Uhr aufgeblieben. Heute wollen sie von diesem Vorrecht aber unter keinen Umständen Gebrauch machen.
Klaus und Ursel waren die ersten im Haus auf und waren auch nicht mehr im Bett zu halten. Jetzt toben sie bei Schwingers im Garten, ich höre ihre Stimmen. Helga und Heidi spielen Mutter und Kind. Das unglückliche Kind ist Jürgen, der jetzt dauernd schlafen soll und nicht will. Um- und angezogen und ausgezogen wird er auch.
Im Radio ist eine Sonate von Bach für zwei Cembali. Da ich außerdem nichts Vernünftiges weiß, kriegt dieser Brief seinen Schluss, und ich höre zu. Damit Du darüber nicht zu traurig bist, lege ich Zigaretten bei. Dies sind aber vorläufig die letzten. Kuss! Din Lött