Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 16. August 1942
den 16.8.42
Liebster Mann!
Eben habe ich eine Patience gelegt, und nun sollst Du noch einen Brief bekommen. Herkenraths sind irgendwo unterwegs, und die Mu habe ich zum Schweigen verpflichtet, weil mir sonst meine Gedanken weglaufen. Ob es Zweck hat, bezweifle ich.
Ach, Harald, ich denke so viel an Dich und ich kann mir noch nicht richtig vorstellen, dass es nun wohl Sylvester wird, ehe wir uns sehen. Sich haben und doch nicht haben, ist eigentlich widersinnig. Aber vorläufig bist Du noch sehr gegenwärtig bei mir, die Tage sind noch sehr nahe und ich empfinde Dich noch in allen Räumen. Aber eben weil ich Dich so
Mittlerweile ist es Montag geworden, und ich warte auf meine vier Großen, die im Strandbad sind, denn es ist knuffig heiß. Die Zeit habe ich mit Schulbüchereinbinden verbracht, denn morgen fängt die Schule wieder an.
Von Mutter bekam ich gestern und heute Post. Sie hat scheinbar Nassenerfurt jetzt auch schon satt und dick, denn sie schreibt, dass sie nicht wieder dahin geht. Tante Lina würde immer wunderlicher, und es sei absolut kein Auskommen mit ihr.
Samstag war ich im Rembrandtfilm. Er ist sehenswert, wenn auch ein Film, der ein Leben umfassen will, immer etwas zu wünschen offen lässt. Aber die Bilder sind gut. Sieh ihn Dir auch an.
Helga, Heidi und Tulita haben gestern eine Entdeckungsreise ins Päda gemacht. Heidi er-zählte: "Un da sin wir an eine Türe gekommen, un da war ein Fenster drin. In dem Zimmer standen lauter große tote Vögel rum, und dazwischen stand das Gerüst vom Herrn Kühne." Ist das nicht eine schöne Schilderung der Natursammlung? Und damit mache ich Schluss. Unten schreien sie nach mir.
Deine Lotti
Das Päckchen ist abgegangen.