Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, Oktober 1942 (???)

(undatiert)

Liebster Mann!

Hier ist Heidis erster Brief an Dich. Von Dir hört man ja gar nichts mehr. Hast Du so viel Arbeit, oder ist etwas anderes? Aber in dem Fall könntest Du auch kurz Nachricht geben. Ich weiß nicht, woran ich bin.

Hier geht alles seinen alten Gang. Die Kinder machen immer mehr Arbeit, seit auch Jürgen größer wird. Heute ist er mit meiner guten roten Lederhandtasche bei Stendebach erschienen und wollte Brot kaufen. Fräulein Berg brachte ihn zurück. Klaus und Ursel wollen nicht mehr in den Kindergarten. Vorgestern kamen sie um halb zwei nach Haus und erzählten Wunderdinge vom Kindergarten. Dabei waren sie überhaupt nicht drin gewesen, sondern haben sich den ganzen Morgen im Leserschen Park rumgetrieben. Ursel war die Anstifterin. Sie haben aber gründliche Haue bezogen.

Helga macht hübsche Fortschritte. Frl. Hunscheidt sagte, dass sie erfreut sei, weil sie musikalisch und aufmerksam ist. Ihr Ausschlag

ist aber leider immer noch nicht fort. So lange darf sie nicht in die Schule. Heidi hat einen wehen Finger und alle drei Kleinen haben die Windpocken, Lisbeth ein Furunkel. Ich bin froh, dass ich die große Packung Hansaplast bei Apotheker Stoltenhoff damals in Wilhelmshaven besorgt habe.   -   Der Mann von der geb. Ledebur ist gefallen und der Sohn von Studienrat Beckers aus der Römerstraße.

Ich bin sehr eilig. Die Kinder müssen ins Bett, und Lisbeth hat frei.

Viele liebe Grüße, Deine Lotti