Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 12. Februar 1943

den 12.2.43

Mein lieber, lieber Harald!

Die Sonne scheint, die Luft ist lau, und Du sollst auch merken, dass der Frühling kommt. Nur dieses Grußes wegen sollst Du diesen Brief bekommen. Heute kam Dein lieber Brief. Es ist zu schön, wenn auf dem morgendlichen Kaffeetisch Post liegt. Wenn Dir der Niels Lyhne nicht behagt, lies ihn doch nicht. Jedenfalls würde mir das so gehen. Aber Du bist ja korrekter darin.

Was Du mir aus Dänemark schicken sollst? Ich weiß es nicht richtig, denn eigentlich ist ja nun alles knapp, abgesehen von den Sachen, die man auf die Lebensmittelkarten bekommt. Andererseits müsste ich mir Sachen raussuchen, die wenig kosten: Topfreiniger, Terpentin, große Kerzen für die Leuchter, Besen!!! Bohnerwachs, Radiergummi, (Vielleicht nicht erst von Dänemark aus) Zucker!!!!!! Ich bin ins Hintertreffen geraten und komme nicht wieder bei. Schultafeln und Griffel, ein immer wieder nötiger und nicht zu kriegender Artikel. Vielleicht ein Gartenrechen, so ein weicher? Ohne Stiel, den kann man hier dranmachen. Was Süßes!!!!! Parfum oder Eau de Cologne? Was Schönes in Büchsen? Vielleicht siehst Du dort noch etwas. Nachthemden gibt's wohl nicht ohne Punkte? Ich hätte eins nötig und möchte dann ein recht hübsches haben.

Pass mal auf, ich will nichts von Dir geschickt haben (Geld meine ich), um es Dir abzuknapsen. Es tut mir sogar richtig leide. Aber ich meine, vielleicht brauchen wir Abel gar nicht. Ich muss ja schon die Mu mit 100,- monatlich abzahlen,

und ich denke, dass ich das andere nach und nach beikriege. Weil ich dann aber auf jeden Fall mit meinem persönlichen Geld und dem Haushalt ein bisschen sehr kurz wegkommen werde (und alles ist so teuer) - Heidi müsste ein Paar Schuhe haben, sie besitzt bloß eins, und das ist geerbt; die Schuhe kosten 11,- Mk.!!!, und Klaus musste Hosenträger haben, aus Abfall-Leder sind sie und kosten 5,- Mk.) dachte ich, wenn du mir etwas hilfst, schaffen wir es ohne andere Leute. Wenn ja die Eingabe beim Regierungspräsidenten Erfolg hat und ich monatlich meine 510.- Mk. habe, werde ich mich wohl ausbalancieren können.

Andere Frage: Wie ist das, wenn Du so weit wegkommen solltest, dass ich Dich in besonderen Verwaltungsfragen nicht schnell erreichen kann? Sieh mal, es gibt doch immer wieder Sachen zu regeln, in den ich nicht alleine Bescheid weiß, wo man andererseits nicht sagen kann, sie müssen warten, und Du bist im Feld. Denn immerhin habe ich ja die Verwaltungen übernommen und die Leute können ja auch für ihr Geld verlangen, dass die Sachen erledigt werden. Das ging bis jetzt ja, weil ich mich mit Dir immer schnell in Verbindung setzen konnte. Aber wenn das nicht mehr der Fall ist? Überleg Dir das mal.

Nun bin ich doch wieder in den Alltagskram geraten, aber das schadet nichts. Draußen ist es so wunderschön, und in mir ist ebenfalls alles fröhlich. Ich freue mich schon wieder auf die Bande, wen sie aus Schule und Kindergarten kommt. Gestern habe ich Jürgen so sehr verwamst, weil er bockig war, und trotzdem wollte er sich von keinem anderen ins Bett bringen lassen als nur von mir, trotzdem die Haue erst eine halbe Minute her waren. Mit der einen Hand rieb er sein Pöchen, mit der andern zeigte er auf mich als auf die, die die Gnade hatte, ihn ausziehen zu dürfen.

Viele liebe und herzliche Küsse,
Deine Lotti