Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 30. April 1943
den 30.4.43
Liebster Mann!
Eben war Ilse bei mir und sagte mir, dass Theo nun als vermisst gelte. Sie zeigte mir ein Schreiben von ihrem Vetter, in dem stand, dass Soldat Theo Düren am 27. Januar bei einem russischen Panzerangriff mit seiner Gruppe zersprengt worden sei. Den Ort habe ich vergessen. Er fängt mit 'Kras..' an (aber nicht Krasnodar). Da der Ort mittlerweile in russischer Hand sei, sei es unmöglich, Nachforschungen anzustellen. Er sei entweder in russischer Gefangenschaft oder gefallen. Das ist nun also die Gewissheit. Ilse trägt es genauso wie Frau Hillenbrand, und dann kommt ja über uns alle diese Walze, und man merkt es den jungen Frauen an, dass sie ihr Schicksal mit einem gewissen Gleichgültigkeit (recht verstanden, der große Schmerz ist doch da) tragen. Denn das große Sterben ringsum fordert auch von ihnen den Tribut, ohne sie zu fragen, und Grübeln und Auflehnung nützen nichts. Und was soll ich noch viel dazu sagen? Wir empfinden und fragen ja wohl beide dasselbe. Wie schön ist es, dass Theo und Du im vorigen Herbst noch einmal zusammen wart.
Wie bist Du nach Jever gekommen? Du schreibst nicht, und ich mache mir Sorgen, ob Du heil durch das Ruhrgebiet gekommen bist, das in der Nacht ja wüst hergenommen wurde.
Ich war gestern bei Rechtsanwalt Möller. Selbstverständlich gibt er Dir die Verwaltungen nach Kriegsende wieder. In dem Fall würde ich auch beinahe die Verwaltung Salvini vorschlagen, für Kriegsdauer an Möller abgeben zu dürfen. Was meinst Du
Am Osterdienstag war Dürholt bei mir (er hatte Wind bekommen, dass Du hier seiest und war sehr enttäuscht dass Du weg warst) und gestern Frau Vogel. Beide anderthalb Stunden!!! Vielleicht könnte man das in Deinem Urlaub regeln. Besser wäre aber noch, Salvinis bezahllten nicht mehr, sondern machten ein Geschenk.
Wenn heute mittag keine Post von Dir kommt, rufe ich morgen an.
In Liebe 1000 Küsse, Deine Lotti
Ich lege den Brief von Knapp bei, weil sie keine Antwort weiß.