Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 6. Mai 1943
den 6.5.43
Mein liebster Mann!
Viel weiß ich nicht, ich habe nur das Bedürfnis, mit Dir zusammen zu s ein und zu sagen und gesagt zu bekommen, dass wir uns lieb haben und dass wir zusammengehören. Ich bin die letzten Tage in einer richtig zärtlichen Stimmung gegen Dich und alle Welt. Das fing mit dem 4. Mai an, Jürgens Geburtstag, den ich gerne gefeiert hätte, ganz für mich, solch eine Feststimmung hatte ich. Jürgen selber hatte überhaupt nicht erfahren, dass er an diesem Tag auf die Welt gekommen ist, laut Familienbeschluss wird dieser Tag mit Ursels Geburtstag zusammen gefeiert. Und dann denke ich in den letzten Tagen viel an Husum und Jever, besonders Husum lebt wieder auf, schon weil ich wieder mal die Novellen Storms lese.
Gestern kam endlich Deine erste Karte nach Deiner Rückkehr an. Wie kamst Du eigentlich nach Hannover, das liegt doch gar nicht auf der Strecke? Herr Stuhlen ist jetzt eingezogen, ist aber noch in Köln als Wachtmeister und hat jeden Tag um fünf Uhr frei. Nun will er, dass Lollo dann jeden Tag um die Zeit nach Köln kommt, weil er ja nicht nach Ehreshoven kann.
Ich habe vorhin die Ranken von dem Schlinggewächs am Balkon aufgebunden, damit der Balkon ein bisschen schneller benutzbar wird. Die Rabatte dagegen blüht nicht mehr. Entweder liegt das an dem ausgelaugten Boden oder daran, dass das Bäumchen zu viel Schatten gibt. Die Pflanze ganz rechts in der Rabattenecke müsste doch woandershin gesetzt werden. Sie kommt dort hinter den Hortensien nicht vorwärts. Zurückschneiden hilft auch nicht viel, weil die ganze Ecke zu schattig ist.
Heute geht das Wäschepaket an Dich ab. -- Lisbeth hat nun auch Urlaub und kommt erst nächste Woche wieder. Hansi hat auch geschrieben. Sie ist in ein Landstädtchen, Warthebrück, versetzt worden. Wie das Nest früher hieß, weiß ich nicht (Kolo, am 26. 10. 1939 unter dem Namen Warthbrücken in den annektierten Gebieten).
Ob wohl heute Post von Dir kommt? Hat es Zweck, dass ich die abgeschnittenen Zigarettenmarken beilege? Hier verfällt eine nach der anderen. Biederbick scheint überhaupt keine Zigaretten mehr zu bekommen.
Draußen hat sich das graue Wetter in ein Gewitter verwandelt. Nun muss ich Licht brennen, um zu schreiben. Gewitter im Sommer ist etwas Wunderschönes, finde ich. Nun kommt allerdings noch Hagel hinzu. Die Luft riecht herrlich. – Ulla und Klaus bekommen gleich Haue, wenn sie so weiter in den Betten randalieren.
Das Wäschepaket habe ich nach Upjever postlagernd adressiert, weil ich nicht weiß, ob die Feldpost so ein großes Paket annimmt,
Din Lött.