Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 29. Juli 1943
den 29.7.43
Liebster Mann!
Vor dem Schlafengehen will ich Dir nur ein paar Worte schreiben. Wie wirr liegt die Zukunft da. Es ist nur gut, dass wir beide wissen, dass ein Mensch da ist, zu dem man gehört, gleich was kommt.
Ob Hansis Hochzeit am 4. steigt? Es sind zwar nur sieben Tage bis dahin, sie können aber eine Menge einschließen. Vielleicht kommt es gar nicht zu der Reise. Hansi schrieb eben, und das ist auch hier der Fall: Will man evakuieren, muss man in den Gau, der vom Staat bestimmt ist. In allen anderen Fällen muss man nach kürzester Zeit sein Bündel packen. Es ist schon mehreren so gegangen und geht auch den Fliegergeschädigten in Godesberg so. Alle müssen wieder weg. Es hat deshalb auch keinen Zweck, wenn ich auf eigene Faust etwas suche, jedenfalls bekomme ich in dem Fall keine Hilfe.
Wir müssen jetzt auch alle unterbelegten Wohnungen angeben.
(Unterbelegt ist, wenn ein Raum mehr da ist als Personen, Kinder für Hälfte gerechnet). Da werden fast alle Mieter am Von-Grooteplatz und in der Wurzerstraße dran glauben müssen.
Ilse Düren war heute hier und bat mich, sie morgen zum Schulanfang der beiden Jungens abzuholen. Sie arbeitet seit vier Wochen in den Ringsdorffwerken von 8-1 und sieht sehr elend aus. Auf sie kommt aber auch alles. Sie tut mir so sehr leid.
Es ist so heiß, dass man nachts kaum schlafen kann. Diese Schwüle wird es da oben nicht geben. Die Kinder sind jeden Tag im Strandbad und sehen richtig knusprig aus.
Die Diplomaten sind noch hier. Meinst Du vielleicht, sie helfen? Die Meinungen gehen sehr auseinander. Fritz Dreesen könnte wohl Auskunft erteilen. Man müsste ihn mal fragen.
Und jetzt werde ich duschen, ehe ich in die Heia krieche. Gute Nacht, du lieber, lieber Mann. Schicke mir bald die Fotografie, Deine Lotti