Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 12. August 1943
den 12.8.43
Liebster Mann!
Damit Du keine Sorge hast, wenn Du dort von dem Angriff auf Bonn hören solltest - uns hier ist nichts passiert. Aber es war ein Tagesangriff, der sich gewaschen hat, mit allem, Pulks, Jägern und viel Flak. Wir sahen die Bomber in großer Höhe kommen wie kleine silberne Vögelchen, viele flogen südlich weiter, aber viele wandten sich nach Bonn. Vier Abschüsse haben wir gesehen, brennende Maschinen und Piloten, die mit dem Fallschirm ausstiegen. In Bonn ist sehr viel in der Gegend der Markthalle passiert, am Ellerbahnhof, Kaiserstraße, Weberstraße, Beethovenhalle, Beuel usw. Ich sah schon vom Balkon aus dicke schwarze Rauchwolken aufsteigen, und bis hierhin merkte man den Brandgeruch. In Godesberg liegt am neuen Rathaus ein Blindgänger, und in Plittersdorf sowie in der Gegend der Friesdorfer Straße sind Bomben gefallen. Das letztere scheint wohl der Grund zu sein, dass wir kein Gas haben. Wir haben ja Gottseidank die kleine Herdplatte für Kohlen, aber Frau Hillenbrand muss sich bei Bekannten etwas kochen.
Jetzt kommt auch der kleine elektrische Kochtopf wieder zu Ehren, den Du mir zu Jürgens Geburtstag geschenkt hast. Das Telegrafenamt in Bonn ist auch hin. Nun würde wohl ein Anruf von Dir nicht mehr bis hierher durchkommen.
Hoffentlich wiederholt sich die Sache heute nacht nicht, oder morgen oder in den nächsten Tagen. Das machen sie ja gerne. Die Kinder hat der Angriff nicht sehr gestört. Die drei Großen waren in der Schule, die zwei Kleinen im Kindergarten. Ich will nun ins Bett und ein bisschen vorschlafen, aber vorher denke ich noch viel an Dich und an Vergangenes und Zukünftiges.
Deine Lotti